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Mietendeckel in Berlin: Geringere Rentabilität bewirkt sinkende Zahl an Mietwohnungen

In Berlin gilt seit Februar 2020 der Mietendeckel, Stichtag ist der 23. November. Analysen der Immobilien-Plattformen ImmoScout24 und Immowelt haben ergeben, dass seit Einführung des Mietendeckels ein noch höherer Nachfragedruck besteht als zuvor.

Um zu verhindern, dass die Mieten in Berlin weiterhin so stark ansteigen wie in den vergangenen Jahren, gilt in der Hauptstadt seit Februar 2020 das “Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin” – der Mietendeckel. Sogenannte “überhöhte Mieten” sind ab dem 23. November verboten und für Mietobjekte mit Baujahr vor 2014 soll der Preis im Vorjahresvergleich um fünf Prozent sinken.

Das klingt zunächst gut, hat aber leider nicht die erwünschten Auswirkungen – dies ergibt sowohl eine Analyse des Immobilienportals ImmoScout24 als auch eine Auswertung der Plattform Immowelt.

ImmoScout24: Mit den Wohnungsmieten sinkt das Angebot um mehr als 40 Prozent

ImmoScout24 hat Daten des Berliner Wohnungsmarktes aus den Zeiträumen September 2020 und September 2019 miteinander verglichen. Das Ergebnis: Die Mieten von Bestandswohnungen mit Baujahr vor 2014 sind zwar nun um die gesetzlich festgelegten fünf Prozent niedriger (von durchschnittlich 12,91 Euro auf durchschnittlich 12,26 Euro) – allerdings ist das Angebot an Mietobjekten aus diesem Segment um ganze 59,1 Prozent gesunken. Das Gesamtangebot an Mietobjekten hat sich der Analyse zufolge um 41,5 Prozent verringert.

Dr. Thomas Schroeter, Geschäftsführer des Immobilienportals, konnte dies bereits Anfang des Jahres der „WirtschaftsWoche“ erklären: Wenn die Mieten sinken, sei davon auszugehen, dass Eigentümer fürchten, geplante Renditen nicht mehr erwirtschaften zu können.

„[Es] wird der gewünschte Effekt des Mietendeckels, der Mieterschutz, nicht erreicht”, so Schroeter gegenüber der WirtschaftsWoche.

23 Prozent mehr Eigentumswohnungen mit Baujahr vor 2014 zum Verkauf angeboten

Die verringerte Zahl des Angebots von Mietwohnungen bewirkt natürlich einen immensen Nachfragedruck, der schon seit Februar stark ansteigt: Im September lag die Zahl der Kontaktanfragen auf ImmoScout24 für Objekte mit Baujahr vor 2014 bei ganzen 172 Prozent im Vergleich zu den Kontaktanfragen im September 2019.

Natürlich stehen die Wohnungen, die nun nicht mehr vermietet werden, nicht leer. Stattdessen werden sie als Eigentumswohnungen verkauft – an Personen, die nach Einschätzung der Experten vermutlich selbst darin leben wollen, da sich die Renditen einer Vermietung nicht lohnen würden.

So verzeichnet ImmoScout24 einen Anstieg des Gesamtangebots von Eigentumswohnungen in Berlin um 13,2 Prozent – im Sektor der Bestandsobjekte mit Baujahr vor 2014 um ganze 23 Prozent, also fast ein Viertel. Ein Mieterschutz besteht also nicht in dem Maße, wie es sich die Regierung erhofft hatte: Denn ein Eigenheim kann sich nun einmal nicht jeder leisten – zumal die Preise für Eigentumswohnungen in Berlin trotz des wachsenden Angebots Immoscout24 zufolge im September 2020 um 5,8 Prozent im Vorjahresvergleich gestiegen sind (von durchschnittlich 4.788 Euro auf durchschnittlich 5.068 Euro pro Quadratmeter).

Immowelt: Auseinanderdriften am Wohnungsmarkt

Immowelt hat ebenfalls eine Datenauswertung veröffentlicht – und kommt zu ähnlichen Zahlen wie ImmoScout24. Die Plattform konnte zudem beobachten, dass nicht nur weniger freier Wohnraum zur Miete zur Verfügung steht, sondern bei Mietobjekten mit Baujahr nach 2014 eine deutliche Preissteigerung stattfindet: Die Preise in den Monaten Januar bis Mai 2020 lagen ganze 17 Prozent über dem Preisniveau des Vorjahreszeitraums.

Prof. Dr. Ziegler, Geschäftsführer der Immobilienplattform wird dazu in der Immowelt-Pressemitteilung wie folgt zitiert: „Unsere Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet: Der Mietendeckel verschärft das Auseinanderdriften am Wohnungsmarkt weiter.”

Die Corona-Krise ist nicht Verursacher der Zahlen

Übrigens: „Dass diese Effekte nicht durch die Corona-Pandemie oder andere Einflussfaktoren hervorgerufen werden, zeigt ein Blick auf die anderen Top-7-Metropolen in Deutschland. [Dort] hat das Wohnimmobilienangebot auf ImmoScout24 im gleichen Zeitraum deutlich zugenommen”, heißt es in der ImmoScout24-Analyse.

Insgesamt gebe es in diesen Städten Stand September diesen Jahres 35,3 Prozent mehr Mietwohnungen auf dem Markt als im Vorjahreszeitraum, die Zahl der verfügbaren Mietobjekte mit Baujahr vor 2014 sei sogar um 38,5 Prozent gestiegen.

Die Experten kommentieren den Mietendeckel enttäuscht – ImmoScout24 schreibt, dass es „schwerer denn je” sei, eine Mietwohnung in Berlin zu finden und Ziegler sagt laut Immowelt-Pressemitteilung: „Die Politik sollte sich […] vielmehr auf die Schaffung von gefördertem Wohnraum konzentrieren, statt private Vermieter in finanzielle Nöte zu bringen.”

Bildquellen: Sven Hansche/Shutterstock.com