Abgewickelte Immo-Fonds: Das sind die größten Geldverbrenner

Seit sechs Jahren untersucht eine Studie die Produkte, die abgewickelt werden. Der Schlussbericht, der €uro am Sonntag exklusiv vorliegt, ist eine Bestandsaufnahme des Schreckens. Von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Abwechslungsreich und farbenfroh sollte ein Depot aussehen, eine breite Streuung des Kapitals gilt als Grundregel der Geldanlage. Offene Immobilienfonds können ebenfalls dazu beitragen, das Depot ein wenig bunter zu machen.

In der Finanzkrise mussten viele Anleger jedoch schmerzhaft lernen, dass Immobilienfonds nicht nur zur Bereicherung eines Portfolios beitragen, sondern auch eine Last sein können. Weil von 2008 bis 2010 zu viele Anleger gleichzeitig die Produkte verlassen wollten, gerieten etliche in Schwierigkeiten. Sie mussten dichtmachen und befinden sich nun seit mehreren Jahren in der Abwicklung. Die Gebäude der Fonds werden sukzessive verkauft und die Erlöse an die Anleger ausgezahlt.

Bereits zum sechsten Mal hat das Beratungshaus Drescher & Cie. Immo Consult in einer groß angelegten Studie die Riege der gescheiterten Offenen Immobilienfonds untersucht. Sämtliche Fonds, die zurzeit abgewickelt werden, wurden unter die Lupe genommen, zehn davon sind für Privatanleger zugänglich. Da fast alle Fonds bereits auf die Depotbanken übergegangen sind und die meisten nur noch Restbestände veräußern müssen, erscheint die Studie zum letzten Mal.

Beleg des Anlegergrauens ist die sogenannte Cash Burn Rate, die sich mit Kapitalverbrennungsquote übersetzen lässt. Sie drückt aus, wie viel Geld während der Branchenkrise vernichtet wurde. Denn beim Verkauf konnten die vor der Finanzkrise ermittelten Verkehrswerte nur in den seltensten Fällen erreicht werden. Meist gab es im Lauf der Jahre deutliche Abwertungen bei den Immobilien – vor oder während der Veräußerung.

Besonders viel Geld haben Anleger des TMW Immobilien Weltfonds, des DEGI Europa, des UBS 3 Sector Real Estate Europe und des Morgan Stanley P2 Value verloren. Legt man als Stichtag den 31. Dezember 2007 zugrunde – ein Datum, zu dem die Finanzkrise bei Offenen Immobilienfonds noch nicht angekommen war -, so liegt die Cash Burn Rate dieser vier Fonds zwischen 59 und 66 Prozent. Um diese Verluste zu berechnen, wurde der aktuelle Anteilswert inklusive sämtlicher im Lauf der Jahre gezahlten Substanzausschüttungen mit dem Anteilswert Ende 2007 verglichen.

Relativ glimpflich davongekommen sind die Anleger des CS Euroreal und des SEB Immo Invest. Deren Cash Burn Rate liegt bei 19 und 26 Prozent. Allerdings sind diese beiden Fonds erst vor einem knappen halben Jahr auf ihre Verwahrstellen übergegangen und die Portfolios sind noch relativ umfangreich. Weitere Abwertungen der enthaltenen Immobilien sind also möglich.

Die Studie bestätigt, was sich bereits in den vergangenen Jahren angedeutet hat. „Die Produkte, die spät in die Abwicklung kamen und viel Zeit für den Verkauf hatten, haben weniger Kapital vernichtet als die übrigen Fonds“, erklärt Oliver Weinrich von Drescher & Cie. Immo Consult. Normalerweise sieht das Gesetz vor, dass ein Offener Immobilienfonds, der abgewickelt wird, binnen drei Jahren seine Gebäude verkaufen muss. Doch die Anbieter des KanAm grundinvest, des SEB Immo Invest und des CS Euroreal konnten eine Ausnahmegenehmigung heraushandeln und bekamen fünf Jahre Zeit. „Die Fonds profitierten so von dem verbesserten Investmentumfeld für Immobilien seit 2015“, sagt Weinrich.

Schmerzhafte Auswege

Anlegern, die in den abzuwickelnden Fonds gefangen sind, bleiben weiterhin nur zwei Wege, ihre Anteile loszuwerden. Entweder sie nehmen eins der Übernahmeangebote an, die ihnen von Zeit zu Zeit von Großinvestoren unterbreitet werden. Oder sie verkaufen ihre Anteile an der Börse. Beide Varianten verursachen noch einmal empfindliche Verluste, da die Kaufinteressenten wesentlich weniger Geld anbieten, als die Anteile offiziell wert sind. Als Ausgleich dafür kommen die Anleger an ihr eingefrorenes Vermögen heran.

Wer das Geld nicht dringend braucht, sollte die Abwicklung des Fonds lieber abwarten. Denn die Verluste fallen auf diesem Weg wahrscheinlich geringer aus als beim Verkauf über die Börse oder an institutionelle Schnäppchenjäger. Ein langer Atem ist dabei aber erforderlich. „Aufgrund gegebener Garantien für bereits verkaufte Objekte, noch nicht rechtskräftiger Steuerbescheide bei ausländischen Immobilien oder noch anstehender Verwaltungskosten ist die Abwicklung der Fonds mit dem Verkauf der letzten Objekte noch nicht abgeschlossen“, sagt Weinrich. Er rechnet damit, dass je nach Anlagestrategie des Fonds zwischen fünf und 15 Prozent des ursprünglichen Fondsvermögens zurückgehalten werden, um diese Eventualverbindlichkeiten gegebenenfalls bedienen zu können. „Aus heutiger Sicht kann deshalb mit der endgültigen Rückzahlung erst in einem Zeitraum von bis zu zehn Jahren nach letztem Abverkauf gerechnet werden.“

Anlegern, die dieses Tal der Tränen durchschritten haben, dürfte der Appetit auf Offene Immobilienfonds vergangen sein. Dennoch haben die Produkte in einem breit aufgestellten Portfolio ihre Berechtigung. Sie sorgen für Diversifikation und sind eine der wenigen Möglichkeiten für Privatanleger, mit kleinen Beträgen in Immobilien zu investieren (siehe Investor-Info unten).

Die Chancen, dass sich eine Krise wie von 2008 bis 2010 wiederholt, sind darüber hinaus gesunken. Seit gut vier Jahren müssen sich Anleger Offener Immobilienfonds einer strengen Fristenregelung unterwerfen. Die Anteile müssen mindestens zwei Jahre gehalten werden, darüber hinaus ist eine einjährige Kündigungsfrist einzuhalten. Dies soll verhindern, dass es erneut zu einem überraschenden Ansturm rückgabewilliger Anleger kommt, der die Fonds in die Bredouille bringen könnte.

Investor-Info

Offene Immobilienfonds
Börsenhandel möglich

Die zehn Offenen Immobilienfonds für Privatanleger, die zurzeit abgewickelt werden, werden an mehreren deutschen Börsen gehandelt. Wer Anteile eines solchen Fonds besitzt und unbedingt an sein Geld möchte, kann sie dort verkaufen. Die Unterschiede zwischen dem offiziellen Anteilswert und dem Börsenkurs sind jedoch gewaltig. Die Abschläge, die Anleger in Kauf nehmen müssten, liegen zwischen 15 und 34 Prozent.

Fonds ISIN Abschlag
AXA Immoselect DE0009846451 -20,5 %
Catella Focus Nordic C. DE000A0MY559 -34,4 %
CS Euroreal DE0009805002 -15,6 %
DEGI Europa DE0009807800 -14,7 %
DEGI International DE0008007998 -17,9 %
KanAm grundinvest DE0006791809 -17,2 %
Morgan Stanley P2 V. DE 000 A0F 6G8 9 -14,8 %
SEB ImmoInvest DE0009802306 -27,9 %
TMW Immo. Weltfonds DE000A0DJ328 -18,3 %
UBS 3 Sector Real Est. DE0009772681 -23,9 %

Abschlag = Differenz zwischen Börsenkurs und AnteilswertQuelle: fondsweb.de, finanzen.net; Stand: 04.10.17

UniImmo: Deutschland
Mix an Gewerbeimmobilien

Wer einen klassischen Offenen Immobilienfonds mit hervorragenden Kennzahlen sucht, wird beim UniImmo: Deutschland fündig. Seit Jahren erhält das Produkt Top-Bewertungen der Ratingagentur Scope. Der Fonds kauft Bürogebäude, Einkaufszentren und Hotels und verwaltet diese. Die meisten Immobilien stehen in Deutschland, rund 40 Prozent im europäischen Ausland. Derzeit ist der Fonds nur über die Börse erhältlich.

Wertgrund WohnSelect D
Fokus auf Wohnimmobilien

Der Wertgrund WohnSelect D (ISIN: DE 000 A1C UAY 0) hat auch ein Spitzenrating. Anders als traditionelle Offene Immobilienfonds investiert er ausschließlich in deutsche Wohnimmobilien. Durch diesen Fokus lag die Rendite in den vergangenen Jahren weit über der typischen Wertentwicklung eines Immobilienfonds von zwei bis drei Prozent. Auch der Wertgrund WohnSelect D kann momentan nur an der Börse gekauft werden.

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