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Abwanderung von jungen Menschen: So kann die Landflucht verringert werden

Große Städte wachsen, kleine Dörfer schrumpfen – ein Phänomen, das mittlerweile ganz Deutschland betrifft. Neben dem demografischen Wandel sehen sich viele kleinere Gemeinden mit der Landflucht junger Einwohner konfrontiert. Greifen die Bundesländer nicht ein, kann der Trend beeinträchtigende Folgen haben. Doch was kann die Regierung dagegen tun?

Wenn das Leben auf dem Land stockt

„Ich höre lieber die Geräusche der Stadt als Grillenzirpen“, sagte ein 44-jähriger Frankfurter Professor für Bauingenieurwesen in einem Interview mit dem Handelsblatt. „Alles ist in zehn Minuten zu erreichen“, fügte seine Ehefrau hinzu. Ob es nun die Schule des älteren Sohnes oder der Kindergarten des Jüngeren ist. Tatsächlich ist diese Familie eine von vielen, die sich gegen das Land und für ein Leben in der Großstadt entschieden hat. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hat ermittelt, dass im Jahr 2000 rund 15,5 Prozent der Deutschen in Großstädten lebten. Im Jahr 2030 könnte die Zahl auf 19 Prozent ansteigen.

Hinzu kommt der demografische Wandel, der bis 2050 einen Verlust von 12 Millionen Menschen bedeuten kann. Betroffen wären vor allem ländliche Regionen. Durch die schrumpfende Einwohnerzahl eines Ortes verlegen einheimische Unternehmen ihre Standorte in Ballungsgebiete oder melden Insolvenz an. Das wiederum verstärkt den Druck auf junge Einwohner, in die Stadt zu ziehen, wo sie eher einen Arbeitsplatz finden. Es kommt zu einer Abnahme von Kaufkraft, Attraktivität und Steuereinnahmen eines kleineren Ortes und schließlich sind die Kommunen nicht mehr bereit, Investitionen zu tätigen. Ein regelrechter Teufelskreis!

Kann die Digitalisierung aushelfen?

Eine Möglichkeit, der Landflucht entgegenzuwirken, ist die Digitalisierung. Durch die zunehmende Modernisierung unserer Gesellschaft hat sich die Arbeitsweise in zahlreichen wirtschaftlichen Bereichen verändert. Einkäufe oder geschäftliche Angelegenheiten können mittlerweile mithilfe des Internets problemlos vom heimischen Schreibtisch erledigt werden, ohne dass man sich direkt im Betrieb befinden muss.  Das einzige, was viele Arbeitnehmer dafür benötigen, ist ein Computer und eine schnelle Internetverbindung. Damit diese vorhanden ist, müsste der Breitbandbau stärker vorangebracht werden.

Eine schnelle und zuverlässige Internetverbindung ist auch ein wichtiger Standortfaktor für viele Arbeitsprozesse. Ist diese auch in ländlichen Regionen vorhanden, könnte es zu mehr Coworking Spaces kommen. Dabei handelt es sich um eine „neue Arbeitsform“, bei der Freiberufler, digitale Nomaden und kleinere Startups gleichzeitig in größeren, offenen Räumen arbeiten und voneinander profitieren können. Coworking-Manager des St. Oberholz, Tobias Kremkau, äußerte gegenüber „politik-digital.de“, dass das Land gerade in diesem Aspekt großes Potenzial böte, denn dort stünden viele freie Immobilien zur Verfügung.

Anbindung von ländlichen Regionen an Städte

Neben dem schnellen Internet kann auch eine stärkere Anbindung von ländlichen Regionen an größere Städte zu einer Verringerung der Landflucht beitragen. Hierzu müsste die Infrastruktur verbessert sowie elektronische Gesundheitsleistungen und Behördenangebote stärker zur Verfügung gestellt werden. Denn obwohl es diesen Trend der Urbanisierung gibt, würden doch viele Menschen lieber auf dem Land leben. Eine Untersuchung der Bundesstiftung Baukultur aus dem Jahr 2015 ergab, dass rund 45 Prozent der Befragten eine Landgemeinde bevorzugen würden, wenn Geld keine Rolle gespielt hätte.

Zudem besteht in vielen Städten eine derart große Nachfrage nach Wohnraum, dass sie bei weitem nicht abgedeckt werden kann. Aufgrund der Stadtzuwanderung und der wachsenden Bevölkerung fehlen in Deutschland gemäß des Branchenverbands GdW bis zu 1,1 Millionen Wohnungen. Das führe auch zu einem massiven Anstieg der Bau- und Wohnkosten, die für viele Menschen nur schwer erschwinglich sind. Wären die ländlichen Gebiete besser an das Stadtnetz angebunden, könnten sich viele Familien bessere Immobilien leisten und müssten dennoch nicht vollständig auf die Angebote und Möglichkeiten der Stadt verzichten.

Bildquellen: Andreea Dragomir/Shutterstock.com