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Bauindustrie wird durch langsame Genehmigungsverfahren gehemmt

Die Bauindustrie kämpft sich wacker durch die Corona-Krise, und das ohne signifikante Verluste einstecken zu müssen. Die Auftragslage ist so gut, dass die Umsätze auch im Krisenjahr 2020 stabil geblieben sind. Im kommenden Jahr könnten langsame Genehmigungsverfahren die Bauindustrie jedoch ausbremsen.

Genehmigungsverfahren immer noch nicht digitalisiert

Die Corona-Krise hat weite Wellen durch den Großteil der deutschen Wirtschaftszweige geschlagen. Als eine der wenigen Branchen etablierte sich die Bauindustrie allerdings als krisenfest. Dank einer Vielzahl von bestehenden Aufträgen, florierte die Bauwirtschaft auch trotz der Pandemie, doch wie Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB) in einem öffentlichen Statement wissen lässt, müsse man für das Jahr 2021 mit Umsatzrückgängen rechnen.

Langsam ablaufende Genehmigungsverfahren stehen der Abwicklung von neuen Projekten im Wege, sodass nach Abschluss der aktuellen Bauarbeiten mögliche Anschlussarbeiten nicht frühzeitig in Angriff genommen werden können. Während die Industrie laut dem Präsidenten des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), Andreas Ibel trotz der Krise kaum mit Lieferengpässen zu kämpfen habe, ist allerdings „alles, was mit Baugenehmigungen zu tun hat, […] ein großes Problem“, wie er im Gespräch mit dem Handelsblatt erklärt.

Ibel bedauert, dass die Corona-Krise nun schon seit vielen Monaten andauere und die Genehmigung von Bauvorhaben dennoch nicht über digitale Wege funktioniere. „Die digitale Ausstattung der Verwaltungen wurde jahrelang verzögert – das rächt sich jetzt“, ergänzt der Präsident des BFW.

Verwaltungsstellen arbeiten nicht mit den verfügbaren technischen Mitteln

Die Bauindustrie symbolisiert in Zeiten der Corona-Krise das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, welche aufgrund von langsamen Genehmigungsverfahren zahlreiche Projekte nicht rechtzeitig starten könne. Dies werde laut Ibel konjunkturelle Rückschläge zur Folge haben, welche durchaus vermeidbar wären.

Entsprechend äußert sich auch Thomas Speeth aus der Schiffszimmer-Genossenschaft im Interview mit dem Handelsblatt, „Corona muss ein Weckruf sein, die Digitalisierung endlich voranzutreiben. […] Die Mitarbeiter in den Bauämtern müssen in die Lage versetzt werden, Genehmigungsverfahren auch im Homeoffice vorantreiben zu können, damit sich der Flaschenhals Genehmigung nicht noch weiter verengt.“

Die Verwaltungsstellen müssen demnach umstrukturiert werden, sodass sich die langen Bearbeitungszeiten verkürzen und der bürokratische Aufwand nicht als Bremse der Bauindustrie in Deutschland wirkt. „Die digitale Ära müsste anbrechen“, kommentiert auch der Geschäftsführer von Wertgrund, Timo Holland, gegenüber dem Handelsblatt.

Wirtschaftsbau muss gefördert werden

Hinsichtlich der kurzfristigen negativen Folgen, welche die Corona-Krise auf die Bauindustrie haben könnte, betrachte Quast den Wohnungsbau allerdings ohne größere Sorgen. „Die Auftragseingänge zeigten nur im April und Mai ein ‘Corona-Zittern‘ und gaben leicht nach. […] Die Perspektive für das Jahr 2021 bleibt insgesamt aufwärtsgerichtet. Dafür sprechen die anhaltend hohe Nachfrage sowie ein ohnehin hoher Genehmigungsüberhang“, so Quast.

Der ZDB rechne damit, dass auch im kommenden Jahr weitere 300.000 Wohnungen gebaut werden, wodurch die Umsätze in etwa auf dem aktuellen Niveau bleiben werden.

Wesentlich kritischer sollten die Entwicklungen des Wirtschaftsbaus betrachtet werden, hier spüre man laut Quast die Krise deutlich. Die Nachfrage sei im Vergleich zum Vorjahr um circa 6 Prozent gesunken, was „einem Ordervolumen von gut 1,3 Milliarden Euro“ entspreche. Demnach rechnet der ZDB mit Umsatzeinbrüchen von 2,5 bis 3,5 Prozent in 2021.

Die öffentliche Hand sei nun in der Pflicht die Bauprojekte aktiv voranzubringen, um diesen Zweig der Bauindustrie zu stärken.

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