Baukredite: So wirkt sich die hohe Inflation auf den Immobilienmarkt aus
„Gestiegene Finanzierungskosten und Lebenshaltungskosten führen derzeit dazu, dass möglicherweise nicht jeder Finanzierungswunsch erfüllt werden kann“ – Mit diesen blumigen Worten zitiert die Tagesschau einen Sprecher der Commerzbank zu den steigenden Bauzinsen aus einer Umfrage der dpa.
Weniger sanft äußert sich Ökonom Ludwig Dorffmeister vom Münchner ifo-Institut gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Die Interessenten, die sich in den vergangenen Jahren einen Immobilienerwerb nur wegen der extrem niedrigen Zinsen leisten konnten, fallen jetzt aus dem Markt.“
Kreditwürdigkeit für Immobilienfinanzierung schwerer zu erreichen
Hintergrund dieser Entwicklung ist neben höheren Baukosten und der Anhebung des Leitzinses durch die EZB die hohe Inflationsrate. Ein Sprecher der Deutschen Bank erklärt laut Tagesschau: „Aufgrund der stark gestiegenen Inflationsrate, getrieben insbesondere von hohen Energiepreisen, mussten wir unsere Mindestanforderungen an Lebenshaltungs- und Bewirtschaftungskosten im Rahmen der Bonitätsbetrachtung nach oben anpassen.“ So müssten die Käuferinnen und Käufer etwa mehr Eigenkapital mitbringen. Daten von Interhyp zeigen laut Tagesschau, dass das durchschnittlich für einen Kredit benötigte Eigenkapital im ersten Halbjahr 2022 bei 159.000 Euro lag, genau 30.000 Euro mehr als noch im Vorjahreszeitraum.
Dennoch sei die Zahl der abgelehnten Kredite nach Angaben der großen Kredithäuser kaum gesunken. Dem widerspricht Ingo Foitzik, Geschäftsführer von CHECK24 – die Zahlen würden sich von Geldinstitut zu Geldinstitut unterscheiden. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, würden beispielsweise bei Postbank Immobilien weniger Kredite abgeschlossen als noch im Vorjahr.
Bauzinsen seit Jahresbeginn um das Dreifache gestiegen
Andere Institute wiederum haben insbesondere in den Monaten Januar bis April signifikant mehr Kreditvergaben verzeichnet. Die Süddeutsche Zeitung zitierte dazu schon im Mai dieses Jahres Mirjam Mohr aus dem Interhyp-Vorstand: „Viele unserer Kundinnen und Kunden sind besorgt: Sie sehen das steigende Zinsniveau und empfinden einen Druck, sich noch schnell günstige Zinsen zu sichern.“ So habe etwa die Landesbausparkasse (LBS) Bayern 890 Millionen Euro an Darlehen zugesagt – ganze 70 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Bei der LBS West (Nordrheinwestfalen und Bremen) liege das Wachstum bei 50 Prozent.
Für diejenigen, die diesen Schritt noch rechtzeitig gegangen sind, war das vermutlich die richtige Entscheidung: Seit Jahresbeginn sind die Bauzinsen um etwa das Dreifache gestiegen. Nach einem kurzen Abfall im Sommer sind sie seit Mitte August für zehnjährige Zinsbindung wieder auf rund drei Prozent geklettert. Zuletzt wurde dieses Niveau 2012 erreicht. Dabei wird es vorerst wohl bleiben. Da die Zinsen „nicht mehr so stark angestiegen sind wie in der ersten Jahreshälfte sehen Expertinnen und Experten keinen Anstieg auf 4 Prozent, sondern erwarten Zinsen von bis zu 3,5 Prozent „, prognostiziert Interhyp.
Ob die Bauzinsen im nächsten Jahr allerdings wieder absinken oder auf dem hohen Niveau bleiben, ist offenbar schwer vorherzusagen. Niedrigere Zinsen würden wieder mehr Interessentinnen und Interessenten die Möglichkeit zum Hauskauf oder -bau ermöglichen.
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