COVID-19: Mehr Superreiche ziehen dauerhaft nach Singapur
Bereits vor der Pandemie war Singapur unter den reichsten der Reichen ein beliebtes Ziel für Kurzurlaube – nun gehen die Zahlen der sich dauerhaft in Singapur niederlassenden Superreichen durch die Decke. Was macht der Status als COVID-Zufluchtsort mit dem südostasiatischen Stadtstaat?
Singapur ist ein Luxus-Paradies, dessen Landfläche 64 Inseln umfasst und insbesondere reiche Touristen aus aller Welt für Kurzurlaube anlockt. Während der Pandemie hat sich das Image des Stadtstaates jedoch erweitert: Die Informationsplattform Bloomberg bezeichnet Singapur als “COVID Zero”-Region. Dieser Begriff beschreibt Orte wie auch Neuseeland, die sich vor der Pandemie mit harten Lockdowns und sehr scharfen Grenzkontrollen schützen und geschützt haben, sodass dort schlichtweg kaum Infizierte registriert werden. Viele Superreiche, die sich aufgrund hoher Infektionszahlen in ihrer Heimat von dem Virus bedroht fühlten, sind deswegen in den vergangenen Monaten dauerhaft nach Singapur gezogen.
Reiche aus Gebieten mit hohen Infektionszahlen ziehen sich nach Singapur zurück
Zum Vergleich: Während in Singapur Stand 26. Mai 2021 bislang nur 0,56 von 100.000 Einwohnern am Virus gestorben sind, waren es in den Nachbarländern Malaysia (7,41) und Indonesien (18,34) bisher deutlich mehr Todesopfer pro 100.000 Einwohner. Bloomberg-Daten zufolge wurden in Singapur bereits knapp 30 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, der Regierungswebsite Singapurs zufolge verfügt das Land Stand Ende Mai über 3,4 Millionen registrierte Impfdosen – bei gerade einmal 5,69 Millionen Einwohnern.
Bloomberg zitiert Stephan Repkow, Gründer von Wealth Management Alliances und Ex-Mitarbeiter bei Union Bancaire Privée, dazu wie folgt: “[Für Reiche], die frei entscheiden können, wo sie leben und sich niederlassen wollen, ist Singapur jetzt die perfekte Wahl”. Bereits zwei seiner Klienten seien nach Singapur migriert, weitere würden den Schritt gerade vorbereiten. Bloomberg hat eigenen Angaben zufolge außerdem mit einem indonesischen Unternehmer gesprochen, dessen Familie vor der Pandemie fünf andere superreiche indonesische Familien kannte, die dauerhaft in Singapur residierten. Mittlerweile sei diese Zahl auf rund 25 gestiegen. Das Informationsportal habe sich die Mühe gemacht, Unternehmer zu diesem Thema zu befragen, weil das Land Singapur selbst nicht viele Daten über die Superreichen und die Auswirkungen ihrer Residenz in Singapur preisgebe.
Restaurants, Autohäuser und Flughäfen verzeichnen mehr Andrang durch Superreiche
So erkläre Alan Chan, der bis November vergangenen Jahres bei Go-Jets in der Führungsebene gearbeitet hat, dass es mittlerweile deutlich mehr Privatjets in Singapur gebe als noch vor der Pandemie: Beim Seletar Airport, wo offenbar besonders viele Privatjets parken, sei die Nachfrage nach Standplätzen seit Beginn der Pandemie enorm gestiegen. Offenbar ist seit Beginn der Pandemie auch die Zahl der Reservierungen in hochklassigen Restaurants gestiegen. So erklärt Steven Mason gegenüber Bloomberg: “Es gibt zum Beispiel viele Indonesier, die in den letzten Monaten versucht haben, alle zwei oder drei Wochen bei uns einzukehren”. Mason ist Manager des Restaurants Odette, welches mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde. Während der strengen Lockdowns profitiert die Gastronomiebranche selbstverständlich weniger von dem Geld der Superreichen. Auch Vincent Tan, Gründer des Luxusautohändlers Vincar, berichtet von gestiegener Nachfrage: Die neu immigrierten Superreichen würden Autos benötigen – deswegen sei die Zahl der Verkäufe von Luxusmodellen seit Mitte 2020 im Vorjahresvergleich um ganze 50 bis 60 Prozent gestiegen. Es seien hauptsächlich chinesische Käufer, die diese Zahl so in die Höhe treiben.
Außerdem sind Bloomberg zufolge die Häuserpreise in Singapur so stark gestiegen wie seit 2018 nicht mehr und globale Banken wie die UBS Group AG expandieren dem Informationsportal zufolge nach Singapur, um die Verwaltung des ganzen zusätzlichen Geldes, das mit den Superreichen nach Singapur fließt, besser organisieren zu können.
Schafft die “COVID Zero”-Region Singapur es, in Zukunft mit anderen Regionen mitzuhalten?
Mitte Mai wurde in Singapur aufgrund gestiegener Infektionszahlen wieder ein Lockdown verhängt. Zu diesem Thema zitiert Bloomberg Repkow wie folgt: “Unsere jüngste Pandemiespitze ist sehr bedauerlich, [aber] Singapur ist widerstandsfähig und in der Lage, Krisen auf sehr proaktive und effiziente Weise zu bewältigen”. Auch Brendan Carney, CEO der Citibank Singapur, sehe der Zukunft positiv entgegen: “Wir sind zuversichtlich, dass die langfristigen Marktaussichten nicht von den aktuellen COVID-Einschränkungen geschmälert werden”. Andere Experten befürchten, dass die “COVID Zero”-Regionen hinter denjenigen Regionen wie beispielsweise New York, die nach hohen Infektionszahlen die Wirtschaft und das öffentliche Leben langsam wieder hochfahren, zurückfallen könnten. So erklärt Donald Low, Professor an der Hong Kong University of Science and Technology gegenüber der Bloomberg Businessweek: “Es ist weder klug noch länger haltbar, [so scharfe Präventionsmaßnahmen durchzusetzen.] Die Regionen, die das Virus bisher so gut unterdrückt haben, werden dadurch einem ernstzunehmenden Nachteil ausgesetzt […]”.
Ob nun Low oder die Experten von der Citibank und Repkow mit ihrer Zuversicht Recht behalten und wann Singapur mit den Öffnungen der Grenzen zur Normalität zurückkehren wird, bleibt abzuwarten.
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