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Einzelhandelsimmobilien: ‚Food, Food, Food‘ statt ‚Lage, Lage, Lage‘

Laut CBRE erfuhr das Transaktionsvolumen am Einzelhandelsimmobilieninvestmentmarkt in den ersten drei Quartalen dieses Jahres einen Anstieg um 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit beläuft es sich aktuell auf rund 9,4 Milliarden Euro.

Die treibenden Kräfte

Eine Analyse des internationalen Immobiliendienstleisters CBRE hat die Wachstumstreiber ermittelt, die für den Anstieg des Transaktionsvolumens am deutschen Einzelhandelsimmobilienmarkt verantwortlich sind. Dabei hat sich ergeben, dass insbesondere Großtransaktionen dafür sorgten, dass sich das Transaktionsvolumen in den ersten drei Quartalen dieses Jahres auf 9,4 Milliarden Euro erhöhte, was einem Anstieg um 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Diese Großtransaktionen umfassten im ersten Halbjahr 2020 unter anderem sowohl verschiedene Kaufhaustransaktionen als auch etliche Portfoliotransaktionen von Lebensmittelmärkten. Die Wachstumstreiber im dritten Quartal waren hinzukommend ein Paketankauf durch SIGNA von Quantum und eine Fondstransaktion zwischen zwei ECE-Fonds, an der drei Shopping-Center beteiligt waren.

Mieter lebensmittelgebundener Immobilien im Vorteil

Jan Schönherr, Co-Head of Retail Investment bei CBRE in Deutschland, merkt an, dass vor allem Einzelhandelsimmobilien im Bereich Lebensmittel einen guten Stand innerhalb des Marktes haben: „Das große Transaktionsvolumen sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Corona und seine Auswirkungen weiterhin den Einzelhandelsimmobilienmarkt prägen. Aus der Immobilienweisheit ‚Lage, Lage, Lage‘ ist ‚Food, Food, Food‘ geworden – denn bei den Mietern lebensmittelgebundener Immobilien gab es keine schließungsbedingten Umsatzeinbußen und es besteht nicht so eine große Ungewissheit über deren Zukunft wie in anderen Branchen“. Er fügt weiterhin hinzu: „Einen klassischen und breiteren Marktaufschwung erwarten wir erst für 2021”, und äußert sich damit positiv gestimmt in Bezug auf das kommende Geschäftsjahr.

Die Folgen für den Einzelhandel

Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, weist darauf hin, dass neben dem Lebensmittelhandel auch der Einzelhandel optimistisch sein darf: „Gleichwohl gibt es auch positive Zahlen aus dem Einzelhandel. So stieg laut Statistischem Bundesamt der Umsatz im Handel im August im Vergleich zum Vorjahresmonat um real 3,7 Prozent. Und jüngst prognostizierte der Handelsverband Deutschland für das Jahr 2020 ein solides Umsatzplus von nominal 1,5 Prozent auf 552 Milliarden Euro. Gewinner hierbei sind neben dem Onlinehandel und dem lebensmittelgeankerten Einzelhandel auch jene Konzepte, die es verstehen, mit einem funktionierenden Omni-Channel-Ansatz auf die veränderten Bedürfnisse der Konsumenten einzugehen.“ Jan Dirk Poppinga, Co-Head of Retail Investment bei CBRE in Deutschland, fügt hinzu: „Das Schutzschirmverfahren für den Einzelhandel bedeutet eine verhaltene Investmenttätigkeit bei Geschäftshäusern und bei Shopping-Centern. Sobald das Insolvenzschutzverfahren ausläuft, wird es Käufern und Verkäufern einfacher fallen, die aktuell meist noch unterschiedlichen Vorstellungen bei der Preisfindung zusammenzuführen.”

Wieso Shopping-Center es jetzt schwer haben

„Die erneut gestiegenen Renditen zeigen, dass Shopping-Center bei einigen institutionellen Investoren aktuell einen schweren Stand haben“, sagt Anne Gimpel, Team Leader Valuation Advisory Services bei CBRE. Die Spitzenrenditen für Shopping-Center, die sich an A-Standorten befinden sind auf 4,75 Prozent gestiegen, 0,25 Prozent mehr, als im zweiten Quartal dieses Jahres. Einzelhandelsimmobilien an B-Standorten verzeichnen ebenfalls eine Erhöhung der Renditen um 0,25 Prozent auf 5,75 Prozent. Weiterhin stabil sind die Renditen anderer 1a-Handelsimmobilien. Auch Fachmärkte, Fachmarktzentren und Baumärkte verzeichnen keine Schwankungen ihrer Renditen. Der sogenannte Corona-Aufschlag für Supermärkte sorgte dafür, dass die Renditen gar um 0,2 Prozent auf 5,0 Prozent im Vergleich zum vorherigen Quartal gesunken sind.

Was bedeutet dies für das Gesamtjahr?

Bezüglich des vierten Quartals 2020 zeigen sich die Experten verhalten optimistisch. Poppinga bezieht sich auf den Einzelhandel, indem er erklärt: „Wir erwarten ein aktives viertes Quartal am Einzelhandelsinvestmentmarkt, sodass das Gesamtjahresergebnis über dem langjährigen Durchschnitt von elf Milliarden Euro liegen dürfte – zumal bereits nach den ersten drei Quartalen 2020 rund 93 Prozent des Transaktionsvolumens des Gesamtjahrs 2019 erzielt wurden und die Investorennachfrage weiterhin groß ist”. „Der Fokus wird weiterhin auf Immobilien mit einem hohen Lebensmittel- und Drogerieanteil liegen, wobei auch Baumärkte als Quelle eines verlässlichen Cashflows immer mehr an Bedeutung gewinnen werden“, fügt Schönherr hinzu. Ein weiterer Punkt, der zu berücksichtigen ist, ist die Situation rund um die Realmärkte, die aktuell durch das Kartellamt untersucht wird. Schönherr merkt weiterhin an: „Daneben wird es aber auch weitere Transaktionen mit innerstädtischen Geschäftshäusern geben, bei denen die Käufer oftmals auch auf Umnutzungen abzielen.“ Zu den steigenden Renditen für Shopping-Center, sagt Gimpel abschließend: „Wir gehen davon aus, dass die Renditen für Shopping-Center noch weiter steigen werden. Grund dafür ist nicht zuletzt die Unsicherheit über die Entwicklung der Geschäftssituationen vieler Mieter in diesen Objekten.”

Bildquellen: Sorbis / Shutterstock.com