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Empirica-Studie: Willkür bei Milieuschutz-Gutachten?

Eine Studie aus dem Hause des Forschungs- und Beratungsinstitutes Empirica hat 51 Gutachten in Berlin und Hamburg genauer unter die Lupe genommen. Die Gutachten dienten als Grundlage für die Ausweisung von sozialen Erhaltungsgebieten, den sogenannten Milieuschutzgebieten. Das Ergebnis lässt jedoch Zweifel an ihrer Aussagekraft aufkommen.

Die Ausweisung eines sozialen Erhaltungsgebietes soll die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung beibehalten. Damit werden sämtliche Änderungen, Nutzungsänderungen und Umwandlungen von Wohnhäusern innerhalb des Gebietes genehmigungspflichtig und können verboten werden, so der Verein zur Förderung von Wohneigentum in Berlin e.V. (VWB).

Guthaben soll Voraussetzungen prüfen

Wie der VWB in einer Pressemitteilung festhält, wird die Ausweisung sozialer Erhaltungsgebiete bzw. Milieuschutzgebiete in Berlin bereits seit rund zehn Jahren praktiziert. Mittlerweile werden auch in vielen weiteren Großstädten wie München, Hamburg, Frankfurt am Main, Köln oder Leipzig Milieuschutzgebiete ausgewiesen oder zumindest diskutiert, so der VWB. Dafür prüfen die zuständigen Behörden die Voraussetzungen für eine Ausweisung im Gebiet, was im Regelfall durch ein etwaiges Guthaben erfolgt. Anhand bestimmter Kriterien prüft das Guthaben, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, denen die anzuwendenden Kriterien zu unterliegen haben.

Gutachten zeigen „schwaches methodisches Niveau“

Wie der Vorstandsvorsitzende des VWB Jacopo Mingazzini in der Pressemitteilung anführt, zeigen die Ergebnisse der Studie, „dass die Milieuschutz-Gutachten in Berlin und Hamburg wenig tatsächliche Aussagekraft haben und hier bisher eine tragfähige wissenschaftliche Grundlage fehlt“. Die Ergebnisse der untersuchten Gutachten könnten nicht anhand der darin aufgeführten Analyse und Befragungen nachvollzogen werden. Das ist das Ergebnis der von Empirica unternommenen Studie, und wirft gleichzeitig die Frage auf, anhand welcher Kriterien und Anhaltspunkte die Ergebnisse der Gutachten dann zustande kamen. Prof. Dr. Harald Simons von der Empirica AG staunt über das „schwache methodische Niveau“ der vielen Gutachten. „Aber ein wissenschaftlicher Austausch dazu findet bisher nicht statt“.

Im Mittelpunkt aller Guthaben steht eine schriftliche Bevölkerungsbefragung. Diesbezüglich bemängelt Empirica, dass die „Validität der dabei verwendeten Indikatoren höchst problematisch“ sei. Der Zusammenhang des gewählten Indikators und den Kriterien wird in den allermeisten Fällen lediglich behauptet und äußerst selten belegt, so die Studie. Zudem werden abgesehen von wenigen Ausnahmefällen keine Vergleichszahlen herangezogen, die aber in vielen Fällen äußerst wichtig wären. Beispielsweise um einschätzen zu können, ob berechnete Indikatorwerte hoch oder niedrig ausfallen. Werden Vergleichszahlen angegeben, so sind diese in den meisten Fällen ungeeignet.

Fehlende Transparenz und Einheitlichkeit der Gutachten

Mingazzini beklagt, dass es keine transparente, einheitliche Methodik für die Gutachten gebe. Der VWB sei verwundert gewesen, wie „beliebig“ die Ausweisungen der Milieuschutzgebiete erfolgen und hat deshalb die Untersuchung in Auftrag gegeben. Prof. Dr. Harald Simons stellt fest, dass eine Vielzahl an unplausiblen Ergebnisse gefunden wurden. Gleichzeitig wirbt er für einen wissenschaftlichen Austausch, damit für zukünftige Gutachten eine bessere Methodik ausgearbeitet wird.

Bildquellen: Armin Staudt / Shutterstock.com