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Enteignungen sind keine Lösung für die Wohnungsnot

Wer in Berlin eine Mietwohnung sucht, hat es – wie in anderen großen Ballungsräumen – nicht gerade leicht. Wenig Angebote und oft hohe Preise erschweren es Mietern, bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Doch auch wer etwas gefunden hat, ist nicht auf Dauer sicher vor steigenden Mieten. Mit Modernisierungsumlagen können Vermieter höhere Kosten von ihren Mietern verlangen, auch im Zuge von energetischen Sanierungen lässt sich die Miete anheben. In Berlin wird die Kritik am Vorgehen von gewinnorientierten Immobilienunternehmen immer lauter, die Angst, das Dach über dem Kopf zu verlieren oder es schlicht nicht mehr bezahlen zu können, kreist als Schreckgespenst in vielen Berliner Köpfen umher. Nun startet die Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ ein Volksbegehren mit dem Ziel, private Wohnungskonzerne, die im Besitz von mehr als 3.000 Wohnungen sind, zu enteignen. Die Wohnungen sollen in staatlichen Besitz übergehen und die Wohnungsnot in Berlin eindämmen. Doch als Lösung für die Wohnungsnot taugen Enteignungen nicht.

Kosten in Höhe von bis zu 36 Milliarden Euro

Die Enteignungsinitiative stützt sich in ihrem Vorstoß auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der besagt, dass „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel […] zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden“ können. Berlin soll also die mehr als 200.000 Wohnungen, die betroffen wären, zurückkaufen – diese gehören zum Großteil der Deutschen Wohnen, aber auch andere Immobilienunternehmen wie Vonovia oder Akelius sind derzeit im Besitz dieser Wohnungen.

Die Kosten, die auf das Land Berlin in diesem Zuge zukommen würden, werden unterschiedlich kalkuliert. Die Initiative spricht von einer Summe zwischen 7,2 und 14 Milliarden Euro, die Berlin aufbringen müsste, doch die realen Kosten liegen vermutlich deutlich höher. In ihren Berechnungen gehen die Enteigner von einer Entschädigung in Höhe des 12- bis 14-fachen der Jahresmiete aus, wie der Tagesspiegel schreibt – laut des Gutachterausschusses Berlins würden die Immobilien jedoch im Schnitt beim 35-fachen der Jahresmiete gehandelt werden. Eine Modellrechnung des Berliner Senats kommt auf eine Summe von bis zu 36 Milliarden Euro, die für die Zwangsenteignungen der privaten Wohnungsunternehmen fällig werden würde.

Durch Enteignungen entsteht kein neuer Wohnraum

Profitieren von den Zwangsenteignungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt würden aber lediglich die Leute, die zum Zeitpunkt der Enteignung in einer der betroffenen Wohnungen zur Miete leben. Wenn ihre Wohnungen statt in privater in kommunaler Hand wären, wären sie sicherer vor Mieterhöhungen und Kündigungen. Doch als Lösung für die angespannte Lage auf dem Markt, wäre es nicht wirklich dienlich. Denn in den betroffenen Wohnungen leben nicht nur Mieter, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind, weil ihre Einkommen im unteren oder mittleren Bereich liegen, genauso gibt es Besserverdiener, die in Wohnungen, die von privaten Konzernen vermietet werden, leben.

Durch die für das Land teuren Enteignungen würde zudem keine einzige neue Wohnung entstehen – für den Wohnungsmangel wären die immensen Ausgaben also überhaupt nicht dienlich, neu Hinzuziehende hätten auf dem Wohnungsmarkt immer noch dasselbe Problem, dass die wenigen verfügbaren Wohnungen heiß begehrt sind, ob in kommunalem oder privatem Besitz. Im Kampf gegen die Wohnungsnot kommt man mit Zwangsenteignungen also keinen Schritt weiter – ja vielleicht geht man sogar einen Schritt zurück.

Schlechtes Signal an Investoren

Denn: Sollte das Volksbegehren und ein anschließender Volksentscheid tatsächlich Erfolg haben und in Berlin Enteignungen stattfinden, wäre das ein fatales Signal sowohl an in- als auch an ausländische Investoren. Wer nicht sicher sein kann, sein Eigentum behalten zu können und nicht enteignet zu werden, wird weniger gewillt sein in Bestands- oder neu zu bauende Immobilien zu investieren. Die Wohnungsknappheit könnte durch solch ein Vorgehen also wachsen und der immer weiter steigende Bedarf nach neuem Wohnraum nicht gedeckt werden.

Mit ihrem Ruf nach Enteignungen wollen die Berliner also vor allem ihren bestehenden Wohnraum schützen und sich vor Kündigung und Mieterhöhungen schützen – ein berechtigter und auch nachvollziehbarer Wunsch. Die Kosten, die auf das Land zukommen, und die Auswirkungen, die diese Initiative auf die zukünftige Entwicklung des Marktes haben wird, scheinen sie jedoch nicht betrachtet zu haben. Eines ist sicher: Die Wohnungsnot kann durch bloße Enteignungen nicht gelöst werden.

Bildquellen: tartanparty/Shutterstock,com