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Enteignungsdebatte vs. Wohnungsnot: Kritik und alternative Lösungen

Politiker und Aktivisten sprechen sich für die Enteignung von großen Immobilienkonzernen in Deutschland aus. Diese könnte als Lösung für die große Wohnungsnot fungieren. Doch nicht alle teilen diese Meinung – unter anderem der ZIA schlägt andere Lösungsansätze vor.

Wohnungsrückkauf als Lösung?

Zu Beginn des Jahrhunderts schlug der damalige SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin im Berliner Senat einen knallharten Sanierungskurs vor. Bei diesem sollte so viel öffentliches Vermögen – wie beispielsweise der Stadt gehörende Wohnungen – verkauft werden, wie es nur ging. Der Coup erwies sich als voller Erfolg: Zum ersten Mal in der Geschichte konnte Berlin in 2007 einen Haushaltsüberschuss vorweisen. Doch ahnte damals noch niemand, wie dynamisch sich der Immobilienmarkt in den darauffolgenden Jahren entwickeln würde.

Immer tiefer sinkende Zinsen und eine starke Nachfrage nach Wohnraum in Innenstädten ließen sowohl Immobilien- als auch Mietpreise durch die Decke gehen. Nun versucht man Lösungen zu finden, um dem entgegenzuwirken. Ein Vorschlag ist der Rückkauf dieser Wohnungen, zu welchem sich unter anderem Grünen-Chef Robert Habeck und SPD-Vize Ralf Stegner im Frühjahr aussprachen. Demnach sollen große Immobilienkonzerne mit einem Immobilienbestand von mindestens 3.000 Wohnungen enteignet werden.

240.000 Wohnungen stehen auf dem Spiel – der Preis: 30 Milliarden Euro. Würden diese in öffentlicher Hand liegen, hätte das Land die Lage stärker unter Kontrolle und könnte die Mietpreise bei Bedarf senken. Auf diese Weise wären auch die Mieter vor einem Missbrauch von Seiten der Eigentümer geschützt. Die Grünen weisen aber auch darauf hin, dass damit der bewusste Leerstand von Wohnraum oder Spekulationen mit Bauland gestoppt werden soll. Denn sollten Eigentümer der Forderung der Kommune, ein Grundstück fertig zu bauen, nicht nachkommen, soll sie die Möglichkeit erhalten einzugreifen.

Gespaltene Meinungen

Doch dieser Vorschlag ist höchst umstritten und sorgte für viel Aufregung. Der Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner, kommentierte Habecks Vorschlag zur Enteignung als ignorant. “Das ist Populismus pur und bringt keinem Mieter etwas”, wie er laut “Welt” äußerte. SPD-Vize Stegner erntete hingegen sogar innerhalb seiner Partei Kritik: Parteichefin Andrea Nahles hält die Enteignung von Immobilienkonzernen nicht als Lösung für die Wohnungsnot, es sei lediglich eine Scheinlösung.

Die Grünen setzen sich allerdings dafür ein, wie beispielsweise Tübingens Oberbürgermeister, Boris Palmer. Ebenso wie Habeck glaubt er, dass Eigentümer entweder zum Bebauen oder zum Verkauf ihrer Grundstücke gezwungen werden sollten. Kommen sie der Forderung nicht nach, soll die Fläche enteignet werden.

ZDF-Barometer: 70 Prozent gegen Enteignung

Eine Umfrage durch das ZDF hat gezeigt, dass auch die Bürger dem Vorschlag skeptisch gegenüberstehen. In dem ZDF-Barometer lehnten 67 Prozent der Befragten die Enteignung von Immobiliengesellschaften ab, 73 Prozent glauben, dass der Wohnungsmarkt dadurch nicht verbessert würde. “Die Mehrheit der Bevölkerung stellt sich gegen eine Politik, die nur eines ausdrückt: Hilflosigkeit”, wie Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft verlautete.

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“Ohne private Investoren werden wir die aktuellen Herausforderungen nicht stemmen können”, es führe lediglich zu Politikverdrossenheit und zu einer Polarisierung der Ränder. Wichtiger als die Enteignungsmaßnahme sei eine Bauoffensive für mehr Mietwohnungen. Die Regierung müsse hierfür die passenden Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen. Bedeutend hierbei seien dabei schnellere Planungs- und Baugenehmigungsprozesse, ermöglicht durch “stärkere Digitalisierung der Verwaltung, die Erleichterung von Bauvorschriften und eine echte Harmonisierung der Landesbauordnungen zur Förderung des seriellen Bauens”.

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