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Erbschaftsteuer: Immobilienboom zwingt viele Menschen das geerbte Elternhaus zu verkaufen

Der Immobilienboom treibt die Hauspreise in Deutschland vielerorts in schwindelerregende Höhen. Für viele Erben stellt dies ein Problem dar, weil sie die Erbschaftsteuer auf die erhaltene Immobilie finanziell nicht mehr stemmen können.

Wenn man eine Immobilie erbt, wird Erbschaftsteuer fällig. Je nach Verwandtschaftsgrad, Steuerklasse und Verkehrswert der Immobilie variieren die Steuersätze und Freibeträge der Erbschaftsteuer. Erben beispielsweise Kinder das eigene Elternhaus, so beläuft sich der Freibetrag für die Immobilie auf 400.000 Euro. Alles, was diese Schwelle übersteigt, wird abhängig von der Steuerklasse und dem übrigen Wert mit einem Steuersatz zwischen sieben bis 50 Prozent versteuert.

Wenn die Erbschaftsteuer unbezahlbar wird

Während der Erhalt einer Immobilie derzeit vermeintlich als ein Segen für den Empfänger aufgefasst werden kann, stellen die stark steigenden Hauspreise viele Erben vor erhebliche finanzielle Probleme. Wurde das eigene Elternhaus in ferner Vergangenheit auf einem großen Grundstück errichtet und befindet sich heute in guter Lage, kann der Verkehrswert in die Millionen gehen. Für Erben bedeutet das eine Erbschaftsteuer in astronomischer Höhe, da der Steuersatz mit dem Wert der Immobilie ansteigt. Von dieser Steuerbelastung sind nicht nur vermögende Familien betroffen, sondern auch alteingesessene Anwohner, denen die nötigen finanziellen Mittel für die Begleichung der Forderungen fehlen. Als Beispiel für die problematische Entwicklung kann der pensionierte Gymnasiallehrer Wolf Armin von Reitzenstein genommen werden, der nach Angaben der Süddeutschen Zeitung im Münchner Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg in einem vom Stiefgroßvater erbauten, denkmalgeschützten Anwesen lebt. Ein Nachbaranwesen sei laut Reitzenstein jüngst für rund zwölf Millionen Euro verkauft worden. Nimmt man nun an, dass sein Haus den gleichen Wert besitzt und er es nach seinem Ableben an eines seiner Kinder vererbt, wird für den Erben nach Abzug des Freibetrags im günstigsten Fall eine Erbschaftsteuer in Höhe von mindestens 2,6 Millionen Euro fällig. Ein Betrag, der kaum von einem Großteil der Erben geschultert werden kann. Doch hierbei handelt es sich nicht nur um Einzelfälle in besonders teuren Städten wie München, Hamburg oder Frankfurt. Durch den anhaltenden Immobilienboom steigen die Preise auch im Umland und in anderen Regionen immer weiter an, sodass zunehmend Erben von einer besonders hohen Erbschaftsteuer betroffen sind.

Bayern fordert Regionalisierung der Erbschaftsteuer

In Zeiten, in denen etliche Menschen Probleme haben erschwingliche Wohnungen zu finden und gar ihre Gegenden wegen zu hoher Mieten verlassen müssen, dürften Erben hochpreisiger Immobilien nur wenig Mitgefühl von der breiten Öffentlichkeit erwarten. Führt man sich jedoch die Folgen dieses Erbschaftsproblems vor Augen, wird einem schnell bewusst, dass es die derzeitige Entwicklung auf dem Immobilienmarkt nur beschleunigt und sich auch auf andere Wohnungssuchende auswirkt. Sind Erben nämlich wegen einer zu hohen Erbschaftsteuer zu einem Verkauf des Elternhauses gezwungen, erwerben die wertvollen Grundstücke und Gebäude oft Investoren, die an einer weiteren Wert- und Mietsteigerung interessiert sind. Auf den Grundstücken werden anschließend unter anderem Mehrfamilienhäuser und Apartments errichtet, die wiederum die Immobilienpreise und Mieten der Gegend in die Höhe treiben können.

Damit die lange Zeit im Familienbesitz befindlichen Immobilien nicht aufgrund der Erbschaftsteuer sukzessiv an Investoren und Spekulanten fallen, möchte Bayern laut der Süddeutschen Zeitung die Erbschaftsteuer reformieren und regionalisieren. “Wir brauchen dringend eine Reform der Erbschaftsteuer”, sagt CSU-Politiker Füracker gegenüber der Süddeutschen Zeitung. “Das Familienheim muss Familienheim bleiben können. Wenn Kinder das Eigenheim der Eltern verkaufen müssen, weil sie sich die Erbschaftsteuer nicht leisten können, dürfen wir das nicht hinnehmen.” Über die letzten 13 Jahre seien die Immobilienpreise in Ballungsräumen teilweise um 100 oder gar 200 Prozent angestiegen. Die persönlichen Freibeträge hätten sich im gleichen Zeitraum laut Füracker jedoch nicht erhöht, sodass deren Entlastungswirkung kaum noch vorhanden sei. Da die Einnahmen der Erbschaftsteuer direkt an die Länder fließen, fordert der Freistaat Bayern laut der Süddeutschen Zeitung, dass die Festsetzung der Steuerhöhe an die Landesregierungen übertragen wird, sodass diese den aktuellen Entwicklungen individuell entgegenwirken können.

Hohe Erbschaftsteuer bei Immobilien vermeiden

Damit die Erbschaftsteuer nicht zu hoch ausfällt, gibt es laut des Immobiliendienstleisters Grossmann & Berger die Möglichkeit, schon zu Lebzeiten Schenkungen vorzunehmen. Die gesetzlichen Regelungen zur Schenkungsteuer würden bei Immobilien zwar denen der Erbschaftsteuer ähneln, allerdings gebe es einen großen Unterschied bei der Nutzung der Freibeträge. “Bei einer Schenkung greifen die Freibeträge alle zehn Jahre neu. Wenn Sie rechtzeitig handeln, gehen alle zehn Jahre Teile Ihres Vermögens und Ihrer Immobilien an die späteren Erben über. Im Idealfall ist der Vermögenswert mit dem Freibetrag identisch und in der Summe der einzelnen Teilschenkungen beträgt die steuerliche Belastung gleich Null”, schreibt Grossmann & Berger auf seiner Website. Auf diese Weise könne man den Nachlass durch eine frühzeitige Planung übertragen und eine hohe Erbschaftsteuer vermeiden.

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