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ESG-Snapshot: Immobilienfonds arbeiten noch an ihrer Nachhaltigkeitsstrategie

Seit Mitte März gibt es die neue Offenlegungs-Verordnung – aber die Immobilienfonds liegen dem ESG-Snapshot von EY Real Estate zufolge weit hinter der Nachfrage zurück. Nur ein Bruchteil der Marktteilnehmer arbeitet aktuell mit ausformulierten Nachhaltigkeitszielen.

Die neue Offenlegungsverordnung (2019/2088) des europäischen Parlaments und Rates besagt, dass Immobilienfonds seit dem 10. März dieses Jahres angeben müssen, ob sie nachhaltige oder ökologische Merkmale bewerben (Artikel 8), nachhaltige Investitionen anstreben (Artikel 9) oder keinen nachhaltigen Fonds in ihrem Portfolio haben (Artikel 10). EY Real Estate hat Anfang März zu diesem Anlass einen ESG-Snapshot veröffentlicht und schreibt darin: “Die Frage, die wir den Teilnehmer:innen des neu vorliegenden ESG-Snapshots gestellt haben, ist, wie die Immobilienbranche auf diese Anforderungen reagiert und welche Schlüsse gezogen werden.” Insgesamt haben sich mehr als 100 Marktteilnehmer befragen lassen.

Konsens unter den Befragten: Das Investoreninteresse an ESG-Fonds wird enorm sein

81 Prozent der Befragten gaben an, sie würden für die nähere Zukunft damit rechnen, dass das Investoreninteresse hauptsächlich bei ESG-Fonds und Immobilien liegen werde und rund 75 Prozent rechnen für die Zukunft mit mehr neuen nachhaltigen Objekten auf dem Markt. 39 Prozent der Studienteilnehmer gehen davon aus, dass ein Großteil der bestehenden Fonds und Objekte in der Zukunft in ein ESG-Angebot transformiert wird.

Dennoch gaben ganze 56 Prozent an, bis zum 10. März keinen einzigen Artikel-9-Fonds im Portfolio zu haben und ganze 41 Prozent, keinen Artikel 8-Fonds zu führen. Immerhin 35 Prozent der Befragten konnten zum Befragungszeitpunkt mindestens einen Artikel-8-Fonds im Portfolio vorweisen, nur 18 Prozent jedoch einen Artikel-9-Fonds.

Rund 95 Prozent der Befragten arbeiten noch an ihrer Nachhaltigkeitsstrategie

Bezüglich der Kontrolle und Steuerung von Fortschritten innerhalb ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gaben nur fünf Prozent an, dies bereits zu realisieren – 35 Prozent entwickeln eigenen Angaben zufolge gerade eine Strategie und ganze 19 Prozent befinden sich noch in der Orientierungsphase der Strategieentwicklung. Immerhin 40 Prozent gaben an, in der “Etablierungsphase” ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu sein. Keine Informationen liefert die Studie über die entsprechenden Strategien. 60 Prozent der Befragten planen jedoch offenbar nicht, Bestandsfonds umzuwandeln und weichen demnach auf Neuemissionen von ESG-Fonds aus.

Große Differenz zwischen Anforderungen und der Realität

Diese Differenz zwischen Nachfrage, Anforderungen und der Realität resultiert aus einem Problem. Denn selbstverständlich haben die Marktteilnehmer angesichts der erwarteten hohen Nachfrage für ESG-Fonds ein großes Interesse daran, sie in ihrem Portfolio zu führen – jedoch scheint ihnen die bestehende Datenlage nicht auszureichen: Nur 44 Prozent der Befragten gaben an, sich “in der Lage zu fühlen”, die vorhandenen Daten als Berechnungsgrundlage für nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten zu nutzen und gerade einmal 23 Prozent meinten, gut auf die seit dem 10. März geltenden Anforderungen vorbereitet zu sein.

Immerhin 47 Prozent sehen sich dafür gut auf die seit neuem geltende EU-Taxonomie vorbereitet, wobei nur 45 Prozent der Befragten sie zum Zeitpunkt der Datenerhebung bereits berücksichtigten.

EY Real Estate: Die gute Absicht der Marktteilnehmer reicht nicht – klare Ziele sind gefragt

Florian Schwalm, einer der Studienautoren, erklärt gegenüber dem “Immobilienmanager”: “Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Transformation wird in weiten Teilen der Immobilienwirtschaft anerkannt.” Vor einem Jahr hatte EY Real Estate in einem Artikel erklärt, dass der Gebäudesektor für rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen Deutschlands verantwortlich sei, es jedoch viele Möglichkeiten gebe, dies einzudämmen. Schwalm wird weiter zitiert: “Es fehlen jedoch Konzepte für die konkrete Umsetzung […] Hier wird man rasch handeln und sich den operativen Herausforderungen stellen müssen.” Die Studienautoren erkennen an, dass es sich dabei um eine “harte Bewährungsprobe” der Immobilienwirtschaft handle. Um ihren Ansprüchen an sich selbst und an die Umwelt gerecht werden zu können, reiche deswegen die Absicht allein nicht – klare Ziele sind gefordert, so Schwalm.

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