Experten warnen: Ein seltenes Phänomen könnte zum Ende des Immobilien-Booms führen

Bereits seit Jahren erlebt der Immobilienmarkt in Deutschland einen Boom. Eine immer noch steigende Nachfrage in Ballungsgebieten lässt es auch weiterhin unwahrscheinlich erscheinen, dass der Aufschwung dieses Marktes in Zukunft einmal eine Korrektur erleben wird.

Allerdings sind nicht alle Experten optimistisch, dass es ewig so weitergeht. Die Analysten des Dienstleistungsunternehmens Savills halten einen anhaltenden Aufwärtstrend zwar weiterhin für sehr wahrscheinlich, doch in ihrem „Ausblick Immobilienmarkt Deutschland“ wollen sie nicht ausschließen, dass sich ein Detail im deutschen Immobilienmarkt als sogenannter „Schwarzer Schwan“ entpuppt.

Immobilienkrise 2007 war ein „Schwarzer Schwan“

Ein „Schwarzer Schwan“ bezeichnet ein unwahrscheinliches Ereignis, dass unerwartet auf einem Markt eintritt und dessen Aufwärtstrend plötzlich kippen lässt. Dies geschah beispielsweise im Rahmen der Immobilienkrise 2007.

Eines dieser Details sehen die Analysten von Savills im Bürovermietungsmarkt. Höhere Mieten und ein geringeres Angebot stärken hier die Verhandlungspositionen von Vermietern weiter. Dies stellt die Unternehmen, die auf der Suche nach neuen Büroflächen sind oder vorhandene Mietverträge verlängern wollen vor Herausforderungen.

Im schlimmsten Fall bleibt den finanziell schwächeren Unternehmen nur übrig, Büroflächen geringerer Qualität in schlechteren Lagen anzumieten. Dies entlastet sie zwar finanziell, schwächt jedoch ihre Position bei neuen und guten Mitarbeitern. Laut Savills kann das im schlimmsten Fall sogar existenzbedrohend sein.

Mitarbeitermangel ist größeres Problem als Flächenmangel

Da für viele Firmen der Mangel an guten Mitarbeitern ein größeres Problem darstellt als der Mangel an Büroflächen, gehen gerade größere Unternehmen dazu über, ihre Mitarbeiter auf mehrere Standorte aufzuteilen. Hier erhalten die Wissensarbeiter immer häufiger die Arbeitsplätze in besserer Lage. Diese befinden sich auch öfter in sogenannten Coworking Spaces — Büroflächen, die sich Mitarbeiter von Startups, Freiberufler und auch Mitarbeiter größerer Unternehmen teilen.

Die Anbieter dieser Coworking Spaces werden sich laut Savills zu „bedeutenden Spielern an den Büromärkten“ entwickeln. Man beobachte ein rasantes Wachstum von sowohl Angebot als auch Nachfrage. Dies setzt Anbieter klassischer Büroflächen unter Druck.

Und auch Coworking Spaces, denen es an arbeitnehmerfreundlichen Angeboten wie Duschen, Fitnessräume oder Fahrradstellplätzen mangelt, könnten schwerer zu vermieten sein. Allerdings halten die Analysten von Savills dies erst ab 2020 für wahrscheinlich.

Überoptimismus könnte zum Risiko für Investoren werden

Das einzige Risiko für Analysten sehen die Investoren im Überoptimismus. Das aus dem knappen Angebot resultierende Mietwachstumspotenzial macht Büroimmobilien für Investoren zwar weiterhin attraktiv, könnte diese jedoch zu „überschießenden Mietwachstumserwartungen verleiten“.

Auch wenn kurzfristig keine Zweifel an einer Fortsetzung des Mietwachstums bestehen würden, wird dieses Wachstum langfristig eher stagnieren. Die Zahl der Bürobeschäftigten in den sechs größten Städten wird sehr viel langsamer wachsen als in der jüngeren Vergangenheit. Dies liegt laut Savills daran, dass in den betroffenen Städten und deren Umland der „(bezahlbare) Wohnraum“ ausgeht.

Schneller wachsendes Angebot und langsamer wachsende Nachfrage können „zu keinem anderen Ergebnis als geringerem Mietwachstum führen“.

Einzelhandelsmarkt ist zu Mietermarkt geworden

Auch im Einzelhandel sehen die Analysten von Savills Abwärtsrisiken. Auch der Einzelhandelsmarkt sei, bis auf wenige Ausnahmen, zu einem Mietermarkt geworden. Dies werden unter anderem daran deutlich, dass beispielsweise H&M öffentlich ein Interesse an Mietverträgen mit einer Laufzeit von maximal drei Jahren bekundigt.

Auch die Flächennachfrage schätzt Savills rückläufig ein. Dies liegt unter anderem an einem nachlassenden Expansionsdrang der Einzelhandelsketten und mit Ladenkonzepten, die mit deutlich weniger Fläche auskommen, zusammen.

Eine stabile Nachfrage nach Ladenflächen erwarten die Analysten „nur noch in den besten, das heißt am höchsten frequentierten Lagen — und zwar im internationalen Maßstab.“ Außerhalb dieser Spitzenlagen rechnet man bei Savills mit einer schrumpfenden Verkaufsfläche.

Objekte außerhalb von Spitzenlagen sind weiterhin gefragt

Das Problem: Fast alle Lagen liegen außerhalb dieser Spitzenlagen. Jedoch bedeutet es nicht, dass entsprechende Objekte weniger gefragt sind, nur weil sie als Einzelhandelsobjekt nicht mehr infrage kommen. Dies sieht man beispielsweise am Einzug des Coworking-Space-Anbieters WeWork in ein ehemaliges Kaufhof-Objekt am Frankfurter Zeil.

In diesem Zug werden Einzelhändler keine langfristigen Mietverträge mehr abschließen, sondern den dauerhaften Betrieb eines Ladengeschäfts zunächst mit einem Popup-Store testen.

Doch in der Angst vor einem schwarzen Schwan sieht man bei Savills auch einen Vorteil. Die Störgefühle verhinderen womöglich eine „sich selbst beschleunigende euphoriegetragene Dynamik, die die Marktteilnehmer quasi unbemerkt in den Hochrisikobereich und letztlich zum abrupten Stimmungswechsel führt.“

Auch bei internationalen Investoren genieße Deutschland den Status als „sicherer Anlagehafen“. Deswegen ziehe der deutsche Immobilienmarkt überwiegend risikoaverseres Geld an, dem Stabilität wichtiger als Dynamik ist.

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