Fondsmanagerin Anke Weinreich im Interview: „Mit unserem aktuellen Immobilienportfolio fühlen wir uns gut aufgestellt“
Seit dem 1. Januar 2018 ist Anke Weinreich Fondsmanagerin von grundbesitz europa. Im Interview spricht die Immobilienexpertin über ihre neue Aufgabe, die voraussichtlichen Auswirkungen des Brexit auf den Fonds und wo der Fonds heute nach dem Stopp der Ausgabe von Anteilscheinen im Jahr 2016 aktuell steht.
Frau Weinreich, Sie sind seit Jahresanfang Fondsmanagerin des Offenen Immobilienfonds grundbesitz europa. Können Sie den Fonds bitte kurz vorstellen?
Anke Weinreich: Zunächst vielen Dank für die Gelegenheit Ihre Fragen zu beantworten. grundbesitz europa ist ein Offener Immobilienpublikumsfonds, der aktuell in 9 europäischen Ländern mit 59 Immobilien investiert ist und mit seiner Historie von mehr als 47 Jahren – ich denke, man kann von einer Erfolgsbilanz sprechen – einer der ältesten Immobilienpublikumsfonds am deutschen Markt ist. Anfänglich stark deutschlandfokussiert wurde der Fonds in 2008 strategisch neu aufgestellt und investiert seitdem europaweit in Immobilien. Den Fonds zeichnet aus, dass er seit seiner Auflegung in zahlreiche erstklassige Immobilien investiert hat und eine positive jährliche Wertentwicklung mit durchschnittlich 5,7% seit Auflegung aufzeigt. Damit liegt er im Spitzenfeld seiner Vergleichsgruppe.
Was haben sie beruflich gemacht, bevor Sie Fondsmanagerin des grundbesitz europa geworden sind?
grundbesitz europa
Beeindruckende Immobilien für Ihr Depot? Aus ganz Europa? Mit grundbesitz europa können Anleger einfach in den europäischen Immobilienmarkt investieren. Und all das schon ab kleinen Geldbeträgen.
Anke Weinreich: Seit 2013 bis zur Übernahme des Fondsmanagement für grundbesitz europa im Januar diesen Jahres habe ich mich in Zusammenarbeit mit meinem Team um die Konzeption und später dann um das Management unseres jüngsten Immobilienfonds grundbesitz Fokus Deutschland gekümmert. Dieser Fonds hat ein Volumen von rund 420 Mio Euro und konnte in den vergangenen Jahren ein attraktives Immobilienportfolio mit einer breiten Diversifikation nach Nutzungsarten und Objekten in neun Bundesländern in Deutschland aufbauen. Davor war ich bereits etliche Jahre im Fondsmanagement-Team von grundbesitz europa zu Hause und habe dort vorrangig das deutsche Portfolio fondsseitig betreut. Nach dem Abschluss meines Studiums zur Bauingenieurin habe ich zunächst Erfahrungen im Bereich von Transaktionen anfänglich in Deutschland, später aber auch in weiteren großen Immobilienmärkten wie Frankreich und Großbritannien gesammelt. Mit Blick auf rund 15 Jahre Erfahrung in der Immobilienfonds-Branche war ich also die vergangenen Jahre für vergleichbare Themen verantwortlich, wenn auch mit dem Fonds grundbesitz Fokus Deutschland in einem etwas kleineren Rahmen.
Zurück zum grundbesitz europa: Der Fonds hatte 2016 für einige Überraschungen gesorgt, als entschieden wurde, eine Zeit lang keine neuen Anteile auszugeben. Anleger konnten also damals nicht neu investieren.
Anke Weinreich: Das stimmt. Das Volumen von grundbesitz europa war aufgrund der sehr guten Wertentwicklung in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. In der ersten Jahreshälfte 2016 waren die Nettomittelzuflüsse jedoch unerwartet hoch, so dass der Liquiditätsanteil auf mehr als 30% des Fondsvermögens stieg. Gemeinsam mit unserer Geschäftsführung haben wir dann entschieden, im Interesse der Bestandsanleger keine neuen Anteile mehr auszugeben. Lediglich Sparpläne und automatische Wiederanlagen der Ausschüttung wurden weiterhin bedient.
Was ist seitdem passiert?
Anke Weinreich: Seit Mitte 2016 konnte das Immobilienvermögen des Fonds um weitere sechs Immobilienankäufe in Spanien, Deutschland und Großbritannien mit attraktiven Immobilien ausgebaut werden. Bei zwei Immobilien in Frankreich und Spanien haben wir aber auch Marktchancen genutzt und Immobilien verkauft. Die liquiden Mittel des Fonds gingen durch diese Ankäufe sowie Objektübergänge und Darlehensrückführungen deutlich zurück. Seit Sommer 2017 liegt die Liquiditätsquote bei rund 20% und die gute Nachricht für unsere Anleger ist, dass sie seit Mitte Juli 2017 auch wieder in grundbesitz europa investieren können.
Wird die Ausgabe neuer Anteile irgendwann erneut eingestellt?
Anke Weinreich: Das kann natürlich nicht komplett ausgeschlossen werden, ist derzeit aber nicht absehbar. Wir liegen mit der aktuellen Liquiditätsquote in unserer angestrebten Bandbreite und sind bei weiteren Immobilien bereits in fortgeschrittenen Ankaufsverhandlungen. Mit den vorhandenen Mitteln können wir aus heutiger Sicht in attraktive Immobilien in Deutschland und Europa mit verschiedenen Nutzungsarten investieren.
Welche Immobilien wurden für den grundbesitz europa in den vergangenen Monaten angekauft, Frau Weinreich?
Anke Weinreich: Im Geschäftsjahr 2016/17, das am 30.09.2017 endete, wurden rund 560 Mio. Euro in vier Immobilien investiert. Unter den Ankäufen waren zwei Büroimmobilien in London, die wir im Juni 2017 erworben haben.
Und dies trotz der Unsicherheiten über den Brexit?
Anke Weinreich: Mit unserem aktuellen Immobilienportfolio fühlen wir uns auch in Großbritannien gut aufgestellt. Insbesondere sind auch die Objekte in London in exzellenten Lagen, und wir haben in vielen Fällen langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern abgeschlossen. In den beiden Immobilien im Londoner Stadtteil „Southbank“ am südlichen Ufer der Themse, die wir im Juni 2017 angekauft haben, ist beispielsweise eines der weltweit größten Kommunikations- und Marketing-Unternehmen unser Mieter. Ein Risiko, dass diese Mieter aus London oder Großbritannien wegziehen, sehen wir derzeit als gering an. Das gleiche gilt auch für „FCA Building“ in London-Stratford, das nach seiner geplanten Fertigstellung im März 2018 das zweitgrößte Fondsobjekt sein wird. Hier ist der Mieter die Bankenaufsichtsbehörde von Großbritannien mit einer Mietvertragslaufzeit von 20 Jahren.
Sind Sie in Großbritannien nur in Büroimmobilien investiert?
Anke Weinreich: Nein, wir haben darüber hinaus 2017 und Anfang 2018 zwei zusammenhängende Einkaufszentren in Enfield Town angekauft. Die Zentren liegen in einem dicht besiedelten Vorort Londons, der wächst und sich nach unserer Einschätzung weiter positiv entwickeln wird, denn die Menschen dort werden, unabhängig vom weiteren Verlauf der Brexit-Verhandlungen, weiter konsumieren und für Umsätze in den Einkaufszentren sorgen. Außerdem beabsichtigen wir, in die Immobilien zu investieren und sie damit noch attraktiver für Kunden zu machen.
Wie wirken sich Wechselkursentwicklungen, wie beispielsweise vom Britischen Pfund zum Euro, auf die Wertentwicklung des Fonds aus?
Anke Weinreich: Das investierte Eigenkapital wird nahezu vollständig durch Devisentermingeschäfte abgesichert, die Anleger tragen hier also nur ein geringeres Risiko aus Währungsschwankungen. Allerdings ist diese Fremdwährungssicherung mit gewissen Kosten verbunden.
In welchen anderen Ländern und Immobilien-Nutzungsarten ist der Fonds investiert?
Anke Weinreich: Der Deutschland-Anteil liegt auf Basis der derzeitigen Immobilien-Verkehrswerte bei rund 30%, gefolgt von Großbritannien mit 25% sowie Spanien, Frankreich und Polen mit jeweils knapp 13% bzw. 11% Investitionsvolumen. Darüber hinaus ist der grundbesitz europa aktuell in vier weiteren Ländern investiert. Auch nach Nutzungsarten bieten wir unseren Anleger ein breit diversifiziertes Portfolio – mit Schwerpunkten bei Büros, Einzelhandelsimmobilien und Logistikobjekten, weitere Nutzungsarten wie Hotels und Wohninvestments werden intensiv geprüft. Darüber hinaus achten wir im Fondsmanagement auch auf eine ausgewogene Verteilung der Größenklassen und der wirtschaftlichen Altersstruktur der Objekte.
Nach welchen Kriterien suchen Sie die Immobilien aus und wie lange dauert der Prozess, bis eine Immobilie dann auch tatsächlich in das Portfolio von grundbesitz europa übergeht, Frau Weinreich?
Anke Weinreich: Auf Ebene der einzelnen Immobilie ist neben der Lage der Immobilien deren nachhaltige Ertragskraft das wichtigste Anlagekriterium, die Flächen müssen also am jeweiligen Markt langfristig nachgefragt sein. Der gesamte Ankaufsprozess dauert je nach Investitionsland auch unterschiedlich lange, es sind in der Regel aber mehrere Monate. Neben der reinen Portfoliozusammenstellung ist die Arbeit an der Immobilie selbst jedoch ebenso wichtig und herausfordernd. Eine aktive Bewirtschaftung, also insbesondere die Vermietung und Instandhaltung, ist für den Erfolg und die Zukunftsfähigkeit eines Immobilienfonds von besonderer Bedeutung. Hier hilft unser lokaler Zugang zum Markt, denn die Deutsche Asset Management ist in allen wichtigen Immobilienmärkten mit eigenen Mitarbeitern vor Ort präsent. Kaum ein Geschäft ist so lokal wie das aktive Management von Immobilien.
In den vergangenen fünf Jahren lag die Wertentwicklung von grundbesitz europa nach Fondskosten bei durchschnittlich 2,7% p.a. Was können Anleger in Zukunft erwarten?
Anke Weinreich: Dies hängt natürlich von den weiteren Entwicklungen an den Immobilien-, aber auch an den Finanzmärkten ab. Wir möchten weiterhin eine positive Jahresrendite mit möglichst geringen Wertschwankungen für unsere Anleger erreichen. Dieses Ziel haben wir bislang in jedem Jahr seit Auflegung erreicht, auch dank einer vergleichsweise hohen Vermietungsquote von aktuell 94,2%.
Letzte Frage: Wo werden Sie als Fondsmanagerin von grundbesitz europa möglicherweise neue Schwerpunkte setzen?
Anke Weinreich: Wir planen, den Anteil von Logistik- Hotel- und Wohnimmobilien in den großen europäischen Immobilienmärkten auszubauen.