Immobilien-Titel: Auf diese Aktien können Sie bauen

Anleger mögen Wohnriesen wegen der geringen Geschäftsrisiken. Die geplante Abschaffung eines Steuerprivilegs könnte nun eine Übernahmewelle auslösen.

Von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Vonovia-Chef Rolf Buch dürfte zufrieden sein. Europas größter Wohnimmobilienkonzern hat jüngst Unibail-Rodamco, den europäischen Primus für Gewerbe-­Immos, beim Umsatz abgehängt. Auch beim Börsenwert liegt der DAX-Konzern inzwischen gleichauf mit dem französisch-niederländischen Betreiber von Shoppingcentern, Büros und Messezentren.

Vor zwei Jahren fusionierte Ex-Bertelsmann-Manager Buch die Deutsche Annington mit Konkurrent Gagfah aus Mülheim/Ruhr und führte das in Vonovia umbenannte Unternehmen schließlich in den DAX. Mit milliardenschweren Zukäufen hat Buch den Konzern aufgebaut. Inzwischen werden größere Zukäufe hierzulande jedoch schwierig. Der spektakuläre Versuch der Bochumer, den Branchenvize Deutsche ­Wohnen zu übernehmen, wurde von Anteilseignern beider Unternehmen verhindert.

Damit schien Vonovias Expansionsdrang gedrosselt. Denn lange Zeit hatte Buch betont, dass sich der Konzern auf Deutschland fokussieren wolle. Als Grund nannte der Manager Besonderheiten im deutschen Mietrecht. Heute sagt er: „Die Story vom besonderen deutschen Mietrecht war nicht richtig. Wir haben zum ersten Mal europäische Ambitionen.“ Im Dezember schloss Vonovia eine Partnerschaft mit dem französischen Wohnungsvermieter SNI. Mit 350.000 Wohnungen hat der ein ähnlich großes Portfolio und ist in der Heimat die Nummer 1. Buch kann sich eine Fusion durchaus vorstellen.

Der DAX-Konzern ist stramm auf Europakurs. Wenn Vonovia am 3. Mai die Bilanz für das erste Quartal vorlegt, dürfte Buch über den Stand der laufenden Übernahme der Wiener Buwog berichten. Für die ersten neun Monate ihres Geschäftsjahres hatten die Österreicher jüngst gute Zahlen präsentiert. Buwog hat hierzulande 27.000 Wohnungen und wird Vonovias Portfolio insgesamt um 49.000 Einheiten auf fast 400.000 erweitern. Nach dem Kauf von Conwert ist die Buwog für 5,2 Milliarden Euro der zweite Deal der Bochumer in der Alpenrepublik. Vonovia kommt in Österreich damit auf sieben Prozent Marktanteil. Auf dem Niveau sei die Präsenz auch finanziell gerechtfertigt, sagt Georg Kanders, Analyst des Bankhauses Lampe.

Als Renditeanker gefragt

Auf dem Börsenparkett nehmen die Schwergewichte im deutschen Wohn­immobiliensektor seit Mitte Februar wieder deutlich Fahrt auf. Stabile Cashzuflüsse aus Mieteinnahmen, die geringen Risiken des Geschäftsmodells und vor allem die nachhaltigen Dividendenrenditen machen die Wohnriesen beliebt. Das gilt umso mehr in Zeiten, in denen die Kurse an den Aktienmärkten wieder stärker schwanken.

Zu Jahresbeginn hatte bei Anlegern hingegen noch die Sorge vor finanziellen Belastungen überwogen. Der Grund: der Trend zu steigenden Leitzinsen. Damit, so die Befürchtung, würden auch die Refinanzierungskosten der Woh­­n­ungskonzerne klettern. Die Unternehmen haben ihren Zinsaufwand seit 2010 zwar von durchschnittlich 16,4 Prozent auf 9,7 Prozent verringert. Zinszahlungen sind in der Branche aber einer der wichtigsten Kostenfaktoren – und damit auch entscheidend für die Gewinn­entwicklung. Höhere Leitzinsen hätten deshalb deutlich stärkere Auswirkungen als in anderen Branchen.

Auf die kommenden Belastungen sind die Konzerne jedoch gut vorbereitet. Die Zeitpunkte für die Fälligkeiten ihrer langfristigen Finanzierungen sind über mehrere Jahre verteilt, das mindert Zahlungsrisiken. Überdies ist die Verschuldung der großen Vermieter moderat, die Leerstände sind niedrig.

Im stabilen konjunkturellen Umfeld sind zudem jährliche Mieterhöhungen von bis zu drei Prozent möglich, sagen Analysten. Unterm Strich haben die ­Immo-Riesen eine gute Basis, um die Folgen einer Zinswende in Europa auszugleichen, die Experten frühestens im kommenden Jahr erwarten.

Im Gegensatz zu Vonovia, die als einziger Großkonzern ein bundesweites Portfolio verwaltet, fokussieren sich die Wettbewerber meist regional. Deutsche Wohnen hat sich auf Berlin spezialisiert und baut überdies mit Pflegeheimen eine weitere Ertragsquelle auf. Die Nummer 3, LEG Immobilien, ist im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen stark präsent.

Neuer Schwung bei Deals

Trotz der deutlich gestiegenen Preise bleibt das Handelsvolumen bei Portfolios aus Wohnimmobilien in Deutschland hoch. Im vergangenen Jahr regis­trierte die Branche Deals im Wert von 15,2 Milliarden Euro – das zweithöchste Volumen seit dem Rekordjahr 2015. Für 2018 erwarten Experten ein ähnliches Niveau wie 2017. „Neben Buwog stehen weitere Unternehmen mit größeren Portfolios auf den Listen der Käufer“, sagt Konstantin Lüttger, beim internationalen Maklerkonzerm CBRE für Wohn­immobilien verantwortlich.

Zum zusätzlichen Treiber könnte die von der Großen Koalition geplante Abschaffung sogenannter Share-Deals werden. Das sind Transaktionen, bei ­denen Anteile (englisch: shares) an den Gesellschaften und damit indirekt die Immobilien übernommen werden. Hält der Käufer dabei weniger als 95 Prozent an der Gesellschaft, entfällt die Grund­erwerbsteuer. Daraus errechnen sich Rabatte von bis zu sechs Prozent des Portfoliowerts. Experten erwarten Vorzieheffekte und verstärkte Übernahmen bei Wohnungs- und Gewerbe­immobilien, sobald sich abzeichnet, dass Berlin konkret an die Abschaffung der Steuervorteile geht.

Die gemessen am Portfoliowert günstige LEG Immobilien wäre ein potenzielles Übernahmeziel. Einen Versuch der Deutschen Wohnen, die sich mit den Düsseldorfern weitgehend einig war, hatte Vonovia 2016 in letzter Minute vereitelt. Jetzt könnten die Berliner einen neuen Versuch wagen.

Im begehrten Markt für Shopping­center könnte die Konsolidierung auf internationaler Ebene laufen. Deutsche Euroshop, hierzulande größter Betreiber von Einkaufzentren, schwächelt. Mit der Talfahrt der Aktie könnte das Unternehmen zum Ziel für die größeren französischen Konkurrenten Unibail- Rodamco oder Klépierre werden.

Vor wenigen Tagen scheiterte Klé­pierre beim Versuch, den britischen Konkurrenten Hammerson zu übernehmen. Die auf 5,7 Milliarden Euro erhöhte Offerte wurde abgelehnt. Deutsche Euroshop hat einen ähnlich hohen Umsatz wie Hammerson – und liegt beim Börsenwert deutlich darunter.

Investor-Info

Vonovia
Starker Primus

Deutschlands größter Wohnungsvermieter hat auch nach der kreditfinanzierten Buwog- Übernahme ausreichende Mittel, um weitere Zukäufe zu stemmen. Bis zu zehn Milliarden Euro könnten die Bochumer nach eigenen Angaben lockermachen. Dank Buwog kann der Konzern das Tempo bei Neubauten erhöhen und will jährlich bis zu 2000 Wohnungen fertigstellen – wesentlich mehr als die Konkurrenz. Gewinner der Konsolidierung.

LEG Immobilien
Niedrigzins abgesichert

Für eine Zinswende sind die Düsseldorfer gut gerüstet. Die durchschnittliche Verzinsung liegt bei 1,74 Prozent, die Zinsbindung bei acht Jahren. Nach zehn Prozent Zuwachs beim operativen Gewinn 2017 erwarten ­Ana­lysten 2018 ein ähnliches Plus. Der Bör­sen­wert entspricht dem 1,1-Fachen des ­Portfoliowerts. Damit ist die Aktie vergleichsweise günstig bewertet. Kaufenswert.

Deutsche Euroshop
Unter Druck

Deutschlands größter Betreiber von Shoppingcentern wird durch das schwächelnde Geschäft von Modeketten wie H & M belastet, die mehr als 50 Prozent der Ladenfläche gemietet haben. Bis Ende des Jahres soll deren Anteil deshalb auf 40 Prozent sinken. Trotz rückläufiger Mieteinnahmen erwarten Analysten mit 1,45 Euro Dividende pro Aktie etwas mehr als im Vorjahr. Solide Dividendenrendite. Übernahmefantasie, spekulativ.

Bildquellen: Vonovia