Inflation und hohe Zinsen sorgen für Einbruch auf dem Immobilienmarkt
Die Zahl der Immobilientransaktionen war im vierten Quartal deutlich rückläufig. Dabei machten sich die wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht nur auf dem Markt für Privatimmobilien bemerkbar.
In Deutschland herrscht eine Immobilien-Flaute: Wie eine Studie von EY zeigt, ist das Transaktionsvolumen des Immobilienmarktes hierzulande im Jahr 2022 deutlich eingebrochen. Mit rund 67 Milliarden Euro lag das Dealvolumen um 40 Prozent unter dem Vorjahreswert und konnte sich knapp oberhalb des 15-Jahres-Durchschnittes, der bei 57,9 Milliarden Euro liegt, positionieren. „Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der darauf folgenden Energiekrise, der Inflation sowie dann notwendigen Zinsanhebungen erleben wir auch am Immobilienmarkt eine Zeitenwende“, wird Florian Schwalm, Managing Partner bei EY Real Estate und Autor der Studie, im Rahmen einer Veröffentlichung zitiert. „Die Vorzeichen haben sich fundamental gedreht: Wir beobachten nicht nur teils eingefrorene Transaktionsmärkte, sondern auch sinkende Preise über die meisten Nutzungsarten und Lagen hinweg.“
Volumen im Gewerbeimmobilienbereich halbiert
Besonders im vierten Quartal wurde die Immobilienflaute deutlich. Bloomberg zufolge hätten hier die gestiegenen Finanzierungskosten viele Investoren abgeschreckt. Im letzten Jahresviertel sei das Transaktionsvolumen bei Gewerbeimmobilien um rund die Hälfte auf 9,9 Milliarden Euro eingebrochen, so die Nachrichtenagentur. Als Gründe werden in dem Bericht insbesondere die gestiegenen Zinsen sowie die nachlassende Konjunktur genannt. Zusätzlich belastete die Rekordinflation den Markt.
Für Marcus Zorn, Chef von BNP Paribas Real Estate Deutschland, geht es dabei insbesondere auch um unterschiedliche Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern. Viele große Transaktionen, die sich bereits in der Vermarktungsphase befunden hätten, seien deshalb nicht zustande gekommen, wird der Experte in dem Bericht zitiert. „Vor allem die erheblich gestiegenen Finanzierungskosten haben dazu geführt, dass die Kaufpreiserwartungen vieler Verkäufer und die Kaufpreisangebote vieler Investoren erheblich voneinander abweichen. Der auch aus früheren Krisen bekannte Prozess der notwendigen Annäherung der Kaufpreisvorstellungen an ein für beide Seiten faires Niveau läuft zwar, ist aktuell aber noch nicht abgeschlossen.“
Wohnimmobilienmarkt ebenfalls eingebrochen
Deutlich bemerkbar machten sich die Belastungsfaktoren auch im Markt für Wohnimmobilien. Auch hier nennen die Immobilienexperten der BNP die historisch hohe Inflation als Grund für die Immobilienflaute. Hier brach das Transaktionsvolumen einer BNP-Studie zufolge im Jahr 2022 um 74 Prozent ein. Bundesweit seien im vergangenen Jahr gut 13,1 Milliarden Euro in größere Wohnungsbestände investiert worden. Im Jahr zuvor war hier noch ein Rekordergebnis vermeldet worden, allerdings hatte es mit der Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia auch eine Großtransaktion gegeben. Mit Blick auf den langjährigen Durchschnittswert sei das Transaktionsvolumen um rund ein Drittel unterschritten worden.
Insgesamt wurden im abgelaufenen Jahr rund 310 Transaktionen getätigt, damit gab es wenig Veränderung zum langjährigen Durchschnitt. Das Dealvolumen habe mit durchschnittlich 42 Millionen Euro aber deutlich unter dem Wert vergangener Jahre gelegen.
Wenig optimistische Aussichten für 2023
Auch im laufenden Jahr dürfte sich der Immobilienmarkt in Deutschland zunächst nicht deutlich erholen. Das Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt von EY, bei dem über 250 Immobilieninvestoren wie Banken, Immobilienfonds oder -Reits, institutionelle Investoren sowie vermögende Privatpersonen und Family Offices befragt wurden, zeigt eine wenig optimistische Einschätzung: Demnach gehen über drei Viertel der befragten Investoren davon aus, dass das Investitionsvolumen für Immobilien im Jahr 2023 sinkt. Zwischen 50 und 55 Milliarden Euro an Transaktionsvolumen erwarten die Experten. Dennoch bewerten rund zwei Drittel der Umfrageteilnehmer den deutschen Immobilienmarkt als „attraktiv“ oder „sehr attraktiv“.
Als Transaktionshemmnisse im laufenden Jahr haben die Investoren unterdessen fünf Punkte genannt: Eine anhaltende Diskrepanz bei den Preisvorstellungen, eine weiter vorherrschende Unklarheit über die Konjunktur und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, unsichere Finanzierungsbedingungen, ein steigendes Risikobewusstsein und ESG-Risiken.
Eine relative Preisstabilität erwarten die Experten bei Logistikimmobilien, während im Büro- und Wohnsegment wohl Preisabschläge zu erwarten sein dürften. Ebenfalls rückläufige Preise erwarten die Investoren im Segment der Ferien- und Businesshotellerie, deutlicher abwärts soll es unterdessen preislich bei Shoppingcentern gehen.
Auch Marus Zorn von BNP Paribas Real Estate Deutschland rechnet damit, dass sich der schwache Trend vom Jahresende 2022 bis ins Jahr 2023 halten wird. Zumindest für das erste Halbjahr geht er von einer Fortsetzung der Entwicklungen aus 2022 aus. In der zweiten Jahreshälfte sei dann mit einem Umschwung zu rechnen, so der Experte.
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