Moody’s sieht Ausfallrisiken bei Immobilienfinanzierungen – so reagieren die Banken
Die Ratingagentur Moody’s warnt in einem neuen Bericht vor erheblichen Risiken bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung. Besonders betroffen seien bestimmte deutsche Banken, da diese in hohem Maße bei der Kreditvergabe im Sektor aktiv sind.
Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wirken sich auch auf die Immobilienbranche aus. Im Bereich der Gewerbeimmobilien leiden vor allem die Teilsektoren der Hotels, des Non-Food-Einzelhandels und der Büroflächen unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung. Die Arbeit im Homeoffice gewann in den vergangenen Monaten zunehmend an Bedeutung, sodass laut Einschätzungen von Moody’s auch die zukünftige Nachfrage nach Büroräumen abgeschwächt werden könnte. Außerdem haben die Reisebeschränkungen und Abstandsgebote der Tourismusbranche stark geschadet. Dieser Umstand wirkt sich unweigerlich auch auf die Gewerbeimmobilien des Bereichs aus. Ähnlich verhält es sich beim Non-Food-Einzelhandel. Ein möglicher Anstieg von Insolvenzen und Ladenschließungen in diesen Segmenten würde die Kreditrückzahlungen gefährden und die Ausfallrisiken deutlich erhöhen.
Immobilienfinanzierer mit höheren Risiken konfrontiert
Die entsprechenden Immobilienfinanzierer sind deshalb nach Analysen von Moody’s größeren Risiken ausgesetzt. „Ein Rückgang der Gewerbeimmobilienpreise in den anfälligsten Teilsektoren wird das Sicherheitenniveau und die Beleihungsquoten in den Portfolios der Banken beeinträchtigen“, so Moody’s-Analystin Christina Holthaus. „Je nach Dauer der Krise rechnen wir damit, dass Zahlungsaussetzungen, Ausfälle und abnehmende Sicherheitenniveaus zu einer Verschlechterung der Aktivaqualität, einem Anstieg der notleidenden Kredite, einem höheren Risikovorsorgebedarf und zu geringeren Erträgen führen werden.“
Zu den betroffenen Kreditinstituten zählen besonders deutsche Banken. Laut Moody’s gehören diese nämlich in Europa zu den gewerblichen Immobilienfinanzierern mit den umfangreichsten Risikoengagements: Im Jahr 2019 belief sich das Gesamtvolumen der Kreditvergabe des Sektors auf Ebene der Europäischen Union auf etwa 1,6 Billionen Euro – hiervon entfielen allein 27 Prozent auf deutsche Banken. Die auf diesen Bereich spezialisierten Institute sind somit erheblich von den gesteigerten Risiken des Gewerbeimmobiliensektors betroffen. Als hervorstechende Kreditanstalten des Gebiets nennt Moody’s namentlich die Aareal Bank AG, die Berlin Hyp AG, die Deutsche Hypothekenbank (Aktien-Gesellschaft) und die Deutsche Pfandbriefbank AG. Staatliche Stützungsmaßnahmen und die starken Solvenzprofile der Geldhäuser würden allerdings die identifizierten Risiken zu einem gewissen Teil abmildern.
Aareal Bank und Berlin Hyp haben Risikovorsorge erhöht
Als Reaktion auf die Ungewissheiten und Bedrohungen der Corona-Krise hat die Aareal Bank ihre Risikovorsorge in den ersten beiden Quartalen von 2020 drastisch erhöht. Finanzvorstand Marc Heß erklärt in einem Interview mit “Der Aktionär”, dass die deutliche Erhöhung vor allem durch “die hohe Unsicherheit aufgrund der verschlechterten gesamtwirtschaftlichen Prognosen” kam. Die Bank sei jedoch mit einer guten Ausgangslage in die Krise gestartet. Bereits im vergangenen Jahr habe man auf einen Abbau von Risikopositionen gesetzt und so das eigene Profil gestärkt. Mit einem sehr konservativ ausgerichteten Kreditbuch sei man außerdem auf Gesamtjahressicht gut für mögliche Wertveränderungen gewappnet. Außerdem ist Heß weiterhin vom Geschäft mit Büro- und Hotelimmobilien überzeugt. “Hochwertige Büroflächen und Hotels werden auch in Zukunft nachgefragt werden, gerade in den guten Lagen der Metropolen, wo wir bevorzugt finanzieren.”
Ähnlich zuversichtlich zeigt sich die Berlin Hyp in einem Vorwort des Vorstands. Für sie stehe fest, dass die Menschen auch in Zukunft “echte“ Erlebnisse und Begegnungen wollen. Dies gelte sowohl bei der Arbeit als auch beim Einkaufen, in der Freizeit und im Urlaub. “Immobilien geben diesem Wunsch im wahren Wortsinn Raum. Sie bleiben gebraucht und auch als stabile und verlässliche Wertanlage gefragt. Die Grundlage der gewerblichen Immobilienfinanzierung ist daher unverändert intakt”, schreibt die Pressesprecherin Nicole Hanke in der Veröffentlichung. Nach eigenen Angaben hat die Berlin Hyp noch keine signifikanten, negativen Auswirkungen der Pandemie verzeichnen müssen. Trotzdem habe man den Sonderposten für allgemeine Bankrisiken um 20 Millionen Euro auf insgesamt 438 Millionen Euro erhöht.
Deutsche Hypo und Deutsche Pfandbriefbank sehen sich gut aufgestellt
Die Deutsche Hypothekenbank gab jüngst in einer Veröffentlichung bekannt, im ersten Halbjahr 2020 “ein zufriedenstellendes Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit” in Höhe von 24 Millionen Euro erzielt zu haben. Andreas Rehfus, Mitglied des Vorstands der Deutschen Hypo, erklärt zudem, dass sich kreditseitig noch “keine wesentlichen negativen Entwicklungen auf die Finanzierungen im Bestand der Bank” ergaben. Obwohl sich die Kreditrisiken durch die Corona-Krise nicht erhöht haben sollen, entschied sich auch die Deutsche Hypothekenbank zu einem Ausbau der Vorsorge um 19,6 Millionen Euro. Denn ganz unbemerkbar ist die Pandemie nicht am Geschäft der Bank vorbei gegangen. Die Neukreditvergabe ist in der aktuellen Periode von 1.495,7 Millionen Euro im Vorjahr auf 765,5 Millionen Euro erheblich gesunken. “Für das Gesamtjahr 2020 ist mit einem deutlich verschlechterten Konjunktur- und Branchenumfeld zu rechnen”, erläutert Andreas Rehfus. Nichtsdestotrotz gelte der deutsche Immobilienmarkt “als einer der stabilsten und sichersten Anlagehäfen” weltweit. Die Investitionsdynamik sollte daher in der zweiten Jahreshälfte wieder zunehmen. Für 2020 gehe man infolgedessen von einem deutlich positiven Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit aus. Alles in allem fühlt sich das Institut laut Rehfus gut auf die kommende Zeit vorbereitet.
Gemäß eines Artikels der Immobilien Zeitung hat die Deutsche Pfandbriefbank schon vor der Corona-Krise ihre Neuzusagen für Shoppingcenter und Immobilien im Non-Food-Segment reduziert. Im zweiten Quartal 2020 soll es in beiden Bereichen sowie im Hotelsektor sogar überhaupt keine Neuzusagen gegeben haben. Der Fokus des Geschäfts liegt allerdings bei den Büroflächen. Diese machen rund 47 Prozent der Finanzierungen aus. Gegenüber der Immobilien Zeitung äußerte sich eine Sprecherin der Bank lediglich mit den Worten, dass man sich “gut präpariert” fühle.
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