Trotz Boom im Wohnungsbau: Baubranche sieht 2021 schwierige Zeiten auf sich zukommen
Im Gegensatz zu den meisten anderen Branchen der deutschen Wirtschaft ist das Baugewerbe 2020 verhältnismäßig gut durch die Krise gekommen. Die Prognose lautet jedoch: 2021 werden die Auswirkungen der Pandemie auch in großen Teilen des Baugewerbes zu spüren sein.
Auf der Jahrespressekonferenz 2020 des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie (HDB) und des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB) gaben die beiden Vorsitzenden Peter Hübner (HDB) und Reinhard Quast (ZDB) einen kurzen Rückblick und erklärten: „Wir haben die Herausforderungen durch die Corona-Krise gut gemeistert. Das ist nicht zuletzt den großen Anstrengungen unserer Firmen und Mitarbeiter geschuldet. Während die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung in den ersten drei Quartalen preisbereinigt um 5,8 Prozent zurückging, legte sie im Baugewerbe real um 2,0 Prozent zu.“
Das Umsatzplus von 3,0 Prozent 2020 kehrt sich 2021 um
So habe die Bauindustrie 2020 mit 10.000 neuen Arbeitskräften rund 880.000 Beschäftigte geführt. Auch die Zahl der neuen Azubis sei im Herbst um ganze 3,4 Prozent im Vorjahresvergleich auf knapp 15.000 gestiegen, was dem höchsten Wert seit 15 Jahren entspräche. Die Gesamtzahl der Azubis in der Branche liegt den Angaben der beiden Spitzenverbänden zufolge bei über 41.000 und somit auf einem neuen Höchststand seit dem Jahr 2002. Für 2021 werde zwar weiterhin ein Wachstum der Beschäftigtenzahl erwartet, jedoch nicht in dieser Größenordnung.
2020 sei im Bauhauptgewerbe ein nominales Umsatzplus von 3,0 Prozent erreicht worden, so Quast und Hübner: Da nur 2,5 Prozent nominaler Umsatz erwartet gewesen seien, habe es trotz Corona ein reales Plus von immerhin 0,5 Prozent gegeben. Aber, so die beiden Vorsitzenden auf der Jahrespressekonferenz: „Für 2021 erwartet die Branche eine nominale Stagnation der baugewerblichen Umsätze auf dem Niveau des Jahres 2020, unter Berücksichtigung der Preise ergibt sich damit ein reales Minus von 2,0 Prozent.“
Corona trifft Branche mit Verzögerung
Warum kehren sich die Zahlen für 2021 um? Diese Entwicklung war vorhersehbar: Bereits im September wurde beim „NDR“ der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Hamburg Schleswig-Holstein e.V., Friedrich Ibelings, diesbezüglich zu Rate gezogen. Dieser erklärte, dass die Bauzeit eines Projektes in der Regel sechs bis zwölf Monate dauere, weswegen die durch die Pandemie verminderten Investitionskapazitäten möglicher Bauherren 2020 bis dato noch wenig Einfluss auf die Einnahmen der Baubranche hatten: „Wir gehen aber davon aus, dass Anfang 2021 die dunkle Wolke kommen wird und sich dann die jetzigen Auftragsrückgänge bemerkbar machen“, so Ibelings. Besonders problematisch sei dabei die Lage der Kommunen, welche normalerweise 60 Prozent aller öffentlichen Bauaufträge vergeben würden, aber nun aufgrund ausfallender Gewerbesteuereinnahmen weniger Investitionsmittel zur Verfügung hätten.
So wandte sich auch Hübner während der Jahrespressekonferenz direkt mit der Bitte an die öffentliche Hand, ihre Investitionen 2021 mindestens beizubehalten und in die Infrastruktur zu investieren. Für den öffentlichen Bau 2020 berichten die beiden Spitzenverbände ein Umsatzplus von 3,0 Prozent im Vorjahresvergleich, prognostizieren aber ein Minus von 2,0 Prozent für das Gesamtjahr 2021. Dies entspräche einem Investitionsvolumen von 29,5 Milliarden Euro. Insgesamt habe der öffentliche Hochbau bessere Aussichten als der öffentliche Tiefbau.
Wohnungsbau boomt trotz und wegen der Krise
Im Wirtschaftsbau verhalte es sich genau anders herum: Hier habe der Hochbau 2020 ein nominales Plus von nur einem Prozent erreicht, für 2021 werde ein Minus von 2,0 Prozent und damit ein Gesamtinvestitionsvolumen von 48,7 Milliarden Euro erwartet. Der Tiefbau hingegen habe auch 2021 starke Investoren mit großen Projekten: Dazu gehören laut Hübner und Quast insbesondere die Aufträge der Ver- und Entsorgungsunternehmen, der voranschreitende Breitbandausbau sowie die Investitionen der Deutschen Bahn AG.
Die andere Sparte der Baubranche, die den Prognosen der Experten zufolge 2021 weiterhin boomen wird, ist der Wohnungsbau: Hier wurde 2020 ein Umsatzplus von ganzen vier Prozent verzeichnet, für 2021 wird ein Plus von drei Prozent erwartet. Dies entspräche im Wohnungsbau für 2021 einem Gesamtumsatz von 52,6 Milliarden Euro. Hübner erklärt dazu: „Der Druck auf die Wohnungsmärkte in den Ballungsgebieten hat sich nicht abgeschwächt. Aufgrund des durch Corona gestärkten Trends zum Homeoffice scheint eine eigene Immobilie noch erstrebenswerter.“ Zudem seien auch die Haupttriebfelder der Wohnungsbauaktivitäten weiterhin aktiv: Der Niedrigzins, welcher eine Kreditaufnahme besonders attraktiv macht, bleibe weiterhin bestehen. Wer also trotz der Krise noch ausreichend finanzielle Ressourcen für den Kauf oder Bau eines Eigenheims habe, könnte eine solche Investition 2021 tatsächlich tätigen oder hat sie 2020 möglicherweise bereits in Auftrag gegeben.
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