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Trotz Preisrückgang bei Immobilien: Eigenheim für viele Menschen unerschwinglich

Die Preise für Wohnungen und Häuser sinken weiter. Doch viele Menschen können sich den Erwerb eines Eigenheims trotzdem nicht leisten.

Sinkende Immobilienpreise: Stärkster Preisverfall der 2000er

Auf dem Immobilienmarkt für Wohnungen und Häuser in Deutschland wurde innerhalb eines Jahres der stärkste Preisverfall der 2000er Jahre verzeichnet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Preise für Wohnimmobilien im zweiten Quartal 2023 um 9,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen. Dabei sind längst nicht alle Immobilienpreise gleich. Der Preisrückgang betrifft insbesondere alte Häuser in Städten. Besonders deutliche Rückgänge im Vergleich zum Vorjahresquartal wurden in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf verzeichnet. Hier verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser um 12,6 Prozent, und für Wohnungen mussten Käufer im Schnitt 9,8 Prozent weniger zahlen als im Jahr zuvor. Am geringsten waren die Preisrückgänge in den dünn besiedelten ländlichen Kreisen, wie das Statistische Bundesamt vermeldete. Wo die Preise im Boom nicht so stark gestiegen waren, fallen sie jetzt auch nicht so stark.

Inflation treibt Bauzinsen in die Höhe

Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung seien die sinkenden Immobilienpreise in Deutschland kein isoliertes Phänomen, sondern Teil eines Wechselspiels zwischen Inflation, Geldpolitik und Wirtschaftstätigkeit. Die niedrigen Zinsen der letzten Jahre waren die Boomjahre der Bauwirtschaft. Neben den günstigen Finanzierungen sorgten internationale Investoren auf der Suche nach Rendite in einem sicheren Umfeld für Investitionen in den hiesigen Immobilienmarkt. Mit der Inflation stiegen jedoch auch die Bauzinsen, was die Kredite stark verteuerte. Auch die Preise für Baumaterialien wie Holz, Stahl, Beton und Dämmstoffe sind durch die Inflation und Lieferkettenengpässe deutlich angestiegen, was beispielsweise die Kosten für fällige Sanierungen erhöht. Laut Statistischem Bundesamt nahmen, wie bei den Baupreisen, auch die Preise für Instandhaltungsarbeiten im Februar 2023 gegenüber dem Vorjahresmonat um über 15 Prozent zu. Zudem mindert die hohe Inflation die Kaufkraft der Menschen. So sind die Verbraucherpreise in Deutschland im Jahr 2022 um 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Mithin führte die Auswirkung des russischen Angriffskrieges zu einer Teuerung der Energiepreise und trieb die Produktions- und Lebenshaltungskosten in die Höhe, wie ZDFheute in einem Beitrag berichtete.

Deutlicher Rückgang von Marktaktivitäten verzeichnet

Infolgedessen können sich viele Menschen den Erwerb eines Eigenheims trotz der sinkenden Immobilienpreise nicht leisten. „Es gibt eine riesige Verunsicherung“, so Mirjam Mohr, Vorständin des Finanzierungsvermittlers Interhyp, in einem Beitrag auf ZEIT ONLINE. Auch das Hamburger Gewos-Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung stellte eine weiterhin ausgeprägte Kaufzurückhaltung fest. „Gegenwärtig sehen wir für den weiteren Jahresverlauf keine wesentlichen Änderungen der marktbestimmenden Faktoren“, sagte Gewos-Experte Sebastian Wunsch. Auch Immobilienbesitzer, die sich zum Beispiel aus einem Verkauf ein kräftiges Zusatzplus im Alter erhoffen, sind von den gesunkenen Preisen betroffen. Durch den deutlichen Rückgang der Marktaktivitäten rechnet das Institut für das zweite Halbjahr nur noch mit rund 591.800 Käufen. Das wären knapp ein Viertel weniger Abschlüsse als im bereits schwachen Jahr 2022 – und der geringste Wert seit Beginn der gesamtdeutschen Zeitreihe im Jahr 1995. Besonders dramatisch ist die Entwicklung im Neubausektor, wo die Anzahl der Verkäufe um über 80 Prozent abgestürzt ist, ergänzt das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Bei den Kaufpreisen wird immerhin eine Stabilisierung zum Jahresende erwartet.

Nachfrage nach Wohnraum bleibt hoch

Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt – nicht zuletzt wegen der Zuwanderung – hoch, während der Neubau wegen gestiegener Zinsen und teurer Baumaterialien stagniert. Viele Wohnungsgesellschaften, darunter auch Deutschlands größte Wohnungsgesellschaft Vonovia, stellen den Bau Zehntausender geplanter Wohnungen vorerst ein, wie ZEIT ONLINE berichtet. Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), zufolge, seien die weiter steigenden Zinsen und immer höheren Baukosten als äußerst problematisch anzusehen. Vor dem Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt forderten Verbände die Bundesregierung zu schnellem Handeln auf. Die Bundesvereinigung Bauwirtschaft forderte, dass die Regierung sofort handeln und investive Impulse für den Wohnungsbau schaffen müsse. Es sei mehr planerischer und finanzieller Spielraum für die Immobilienbranche notwendig. Mithin warfen der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) sowie der Eigentümerverband Haus & Grund der Bundesregierung vor, die Nöte und Forderungen der Branche zu ignorieren und erteilten dem Gipfel eine Absage.

 

 

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