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Trotz Rezession: Rekordhoch der Immobilienpreise und Verkaufszahlen in Großbritannien

In Großbritannien sind die Immobilienpreise 2020 trotz eines historischen Wirtschaftseinbruchs und des Brexits so stark gestiegen wie schon lange nicht mehr – was steckt dahinter und sehen die Prognosen für 2021 ebenso rosig aus?

Man hätte befürchten können, dass der Brexit, die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie oder andere Faktoren die Immobilienpreise in Großbritannien negativ beeinflussen: Immerhin hat die britische Regierung im November letzten Jahres mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um rund 11 Prozent für das Gesamtjahr 2020 den größten Wirtschaftseinbruch seit mehr als 300 Jahren prognostiziert. Aber: “Der Lockdown und andere einschränkende Maßnahmen haben pauschal betrachtet keine negativen Auswirkungen auf die Immobilienpreise.” Mit diesen Worten wird Experte Lukas Endl, Managing Director bei LINUS Digital Finance, von der Informationsplattform Capital zitiert.

Angebotspreise steigen von Monat zu Monat – im Gesamtjahr 2020 um mehr als 6 Prozent

Stattdessen standen die Angebots- und durchschnittlichen Verkaufspreise britischer Immobilien 2020 monatlich auf einem neuen Höchststand. So lag dem vielbeachteten Portal Rightmove zufolge im November der durchschnittliche Immobilienpreis bei 229.721 Pfund – dieser Wert konnte im gesamten vergangenen Jahrzehnt nicht erreicht werden. Im Monat zuvor wurde ein Verkaufszahlen-Höchststand seit dem Jahr 2016 verzeichnet: rund 105.600 Immobilienverkäufe hat es laut Bausparkasse Nationwide in Großbritannien im Oktober 2020 gegeben. Wie die Business Times berichtet, handelt es sich dabei um ein Plus von ganzen 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Ein weiterer Rekord wurde im August erzielt: Hier stiegen die Immobilienpreise in Großbritannien im Vergleich zum Vormonat um zwei Prozent – dies ist, wie Nationwide erklärt, der höchste monatliche Preisanstieg seit dem Jahr 2004.

Nationwide-Schätzungen zufolge sind die britischen Immobilienpreise im Gesamtjahr 2020 trotz Rezession und Brexit um mindestens 6,5 Prozent gestiegen.

Zwei wichtige Faktoren für Marktentwicklung 2020: Nachfragestau und Stempelsteuer

Wie Capital berichtet, hält Endl zwei große Faktoren als ausschlaggebend für die Entwicklungen 2020: Zum einen würden sich die Briten seit Pandemiebeginn nach mehr Platz und Grünfläche sehnen – das außergewöhnlich hohe Interesse am Immobilienkauf in peripheren Lagen habe zu einem Nachfragestau Anfang des Jahres geführt, welcher erst im weiteren Verlauf 2020 mit erfolgreichen Verkäufen aufgelöst worden sei. Der Nachfragestau ziehe natürlich eine Preissteigerung in ebenjenen peripheren Lagen mit sich, so Endl.

Zum anderen wurde in Großbritannien im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets für den Zeitraum Mitte Juli 2020 bis Ende März 2021 die beim Immobilienkauf abzugebende sogenannte Stempelsteuer eingeschränkt: Bei einem Transaktionswert von bis zu 500.000 Pfund sind Käufer in diesem Zeitraum von der Abgabe befreit – normalerweise liegt der Wert bei 125.000 Pfund. Diese Sonderregelung regt Interessenten aktuell offenbar ganz besonders zum Kauf an.

Vier Prozent Preissteigerung oder 5 Prozent Einbruch? – Prognosen für 2021 noch unsicher

Wird sich Großbritanniens Immobilien-Rally 2021 fortsetzen? Die Experten erklären, dass das erste Quartal noch einmal neue Rekorde bringen könnte, bevor ab April 2021 wieder die gewohnte Stempelsteuer ab einem Verkauf in Höhe von 125.000 Pfund gilt. Ab dem zweiten Quartal 2021 rechnet Endl Capital zufolge dann mit einer Abflachung der Rally – Investoren könnten sich aber darauf verlassen, dass die Preise sinken, je weiter eine Immobilie von London entfernt ist. Für Privatinvestoren könne eine Investition in Logistikimmobilien sinnvoll sein: Diese würden kurzfristig von der Pandemie und dem Brexit gestärkt und langfristig vom Megatrend zum E-Commerce profitieren.

Für das Gesamtjahr 2021 variieren die Prognosen aber noch stark: So rechnet Rightmove offenbar mit einem Preisanstieg von vier Prozent, da Ende 2020 noch 53 Prozent mehr Kaufinteressenten Maklerverträge abgeschlossen haben als im Vorjahreszeitraum. Helifax hingegen rechnet Forbes zufolge eher mit einem Preiseinbruch von zwei bis fünf Prozent, die Unsicherheit dieser Prognose sei aber nach eigenen Angaben deutlich höher als in den letzten Jahren. Das britische Amt für Budgetverantwortung (OBR) spricht laut Angaben des Magazins Capital im Falle des Worst-Case Szenarios von einem Preiseinbruch von ganzen 17 Prozent.

Bildquellen: Deutsche Asset Management