Viel kritisiert: Studie des IW Köln zeigt, dass die Mietpreise in Deutschland kein großes Problem sind
Nachdem die Mieten in Deutschland im letzten Jahrzehnt stetig höher wurden, hat das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft eine Studie veröffentlicht: Offenbar blieb trotz der steigenden Mieten die Mietkostenbelastung etwa gleich. Der Deutsche Mieterbund kritisiert die Studie scharf.
“Wohnen – die neue soziale Frage?” lautet der Name der im April dieses Jahres veröffentlichten Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Die Arbeit hinterfragt, ob die Mietkostenbelastung der deutschen Haushalte tatsächlich so belastend hoch ist wie bislang angenommen.
Mietkostenanstieg um 4,3 Prozent jährlich
Laut IW Köln sind in den Jahren 2010 bis 2018 die Mietkosten in den sieben großen deutschen Städten jährlich um 4,3 Prozent gestiegen – in Berlin wohl sogar um ganze sechs Prozent. Besonders Neuverträge seien teurer geworden: Etwa 14 Prozent mehr als Bestandsmieten kosteten die Neuvertragsmieten in den Jahren 2016 bis 2018, so die Studie.
Das Problem, welches von Politikern wie Horst Seehofer (CSU) und Mietern in diesem Preisanstieg gesehen und als “soziale Frage schlechthin” erkannt wurde, wird allerdings durch eine andere Zahl relativiert. So sind dem IW Köln zufolge nicht nur die Mieten angestiegen, es gab auch einen Anstieg des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens – seit 2010 um ganze 7 Prozent.
Damit ist den Berechnungen der Studie zufolge die Mietkostenbelastung der deutschen Haushalte nicht wesentlich erhöht – vielmehr soll sie für voll Erwerbstätige teilweise sogar gesunken sein.
Im Durchschnitt 25 Prozent des Einkommens für die Miete
Weitere Berechnungen des IW Köln ergeben, dass die durchschnittliche Mietkostenbelastung für Mieter in Deutschland im Jahr 2018 bei 25 Prozent – und damit auch bei den meist teureren Neuverträgen unter der 30-Prozent-Marke liegt.
34 Prozent der Mieter (das entspricht rund 6,9 Millionen Haushalten) wandten 2018 allerdings mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Bruttokaltmiete auf, so die Studie – dies sei jedoch nicht weiter besorgniserregend: Die Zahl der Betroffenen sei seit einigen Jahren kaum gewachsen.
Besonders problematisch sei die Lage lediglich für die 2,2 Prozent der Gesamtbevölkerung, die als einkommensschwache Mieter in den großen deutschen Städten mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben.
Daher zitiert die FAZ Michael Voigtländer vom IW Köln mit folgender Aussage: “Wir wollen das Problem nicht verharmlosen, aber wir sehen keine Verarmung der Mieter.”
Immowelt und Mieterbund sehen das anders
Ein empörter Kommentar von Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, wird in einer Mieterbund-Pressemitteilung zitiert: “Die Ergebnisse der aktuellen Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zur Wohnkostenbelastung der Mieterhaushalte in Deutschland spiegelt nicht die Realität von Millionen von Mieterinnen und Mieter wider. […] Wenn man weiß, dass allein rund 10 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland geringfügig beschäftigt sind, wird sehr klar, wie viele Menschen mit zu hohen Mieten konfrontiert sind.”
So liegt dem Deutschen Mieterbund zufolge die Mietkostenbelastung in der Universitätsstadt Freiburg bei ganzen 41 Prozent.
Und Zahlen des Immobilienportals Immowelt zeigen: In den Jahren 2009 bis 2019 hat sich die Angebotsmiete pro Quadratmeter in Berlin verdoppelt, in München ist sie um 61 Prozent auf 17,70 Euro gestiegen und auch in wirtschaftsstarken Regionen wie Nürnberg gab es große Anstiege von um die 50 Prozent. Entsprechend muss, wer ein sieben Prozent höheres Haushaltsnettoeinkommen verzeichnet, hier für eine Neuvertragsmiete dennoch deutlich mehr zahlen als noch vor 10 Jahren.
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