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Wirtschaftsexperten plädieren für höhere Steuern statt Enteignung

In ihrem Aufsatz für das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung plädieren drei Wissenschaftler für eine höhere Besteuerung von Immobilien anstelle von Enteignung. Dies könnte den Staat in der Corona-Krise entlasten und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen.

Wohnungsmarkt bleibt angespannt

Die Situation auf deutschen Wohnungsmärkten befindet sich seit Jahren in der Krise. Besonders deutsche Großstädte wie München sind betroffen. Nach Angaben von empirica regio sind die Angebotsmieten für Wohnungen in der bayerischen Landeshauptstadt München zwischen dem ersten Quartal 2012 und dem dritten Quartal 2021 um fast sechs Euro pro Quadratmeter gestiegen. Aktuell müssen Mieter etwa 17,32 Euro pro Quadratmeter zahlen.

Enteignungsbestrebungen wie die in Berlin ziehen kontroverse Diskussionen nach sich. Daran beteiligen sich auch Fachleute. Viele Experten halten Enteignungen jedoch nicht für zielführend. Aus diesem Grund werden andere Maßnahmen zur Bekämpfung von steigenden Mieten und Wohnungsknappheit empfohlen.

Experten plädieren für höhere Besteuerung von Immobilien

In einem Aufsatz für den ifo-Schnelldienst, einer Zeitschrift des ifo-Institutes für Wirtschaftsforschung, plädieren die Professoren Clemens Fuest aus München, Johanna Hey aus Köln und Christoph Spengel aus Mannheim für eine höhere Besteuerung von Grundstücken anstelle von Enteignungen. Fuest ist Präsident des ifo-Institutes. Hey, die das Institut für Steuerrecht an der Kölner Universität leitet, spricht sich für eine Abschaffung der Gewerbesteuerbefreiung für Immobilien-AGs aus. Auch eine Ausweitung der Einkommensteuerpflicht auf Veräußerungsgewinne, die nach Ablauf der 10-Jahresfrist generiert wurden, sowie die Reform der Grunderwerbsteuer betrachtet die Juristin als zielführend.

Auch Christoph Spengel, Ökonom und Inhaber des Lehrstuhls für betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Mannheim, plädiert für eine volle Besteuerung von Veräußerungsgewinnen. Er kritisiert die Möglichkeit einer großen Steuervergünstigung durch die Kombination aus unbegrenztem Abzug der Werbungskosten und Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne. Letzteres stelle zudem eine Ungleichbehandlung gegenüber Aktienanlagen dar.

Steuervorteile sorgen für Zentralisierung von Grundvermögen und belasten die Staatskassen

Die Autoren sehen in den während der Corona-Pandemie gesunkenen Staatseinnahmen einen wesentlichen Grund für die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt. Durch die Ausweitung der Immobilienbesteuerung könnten in der Krise zusätzliche Staatseinnahmen generiert und eine steigende Konzentration von Grundvermögen zugunsten einer kleinen Minderheit verhindert werden.

Den Experten zufolge begünstige das aktuelle Steuerrecht die Zentralisierung von Grundvermögen. Davon würden in erster Linie höhere Einkommensschichten profitieren. Demnach gehören den wohlhabendsten zehn Prozent der deutschen Bevölkerung 70 Prozent der nicht selbst genutzten Immobilien. Die steuerliche Bevorzugung von Immobilien verstoße den Autoren zufolge gegen das Prinzip der gleichen Besteuerung von Einkommen und verschaffe genau den einkommensstärkeren Schichten große Vorteile. Nach Ansicht der Wissenschaftler ist die steuerliche Vergünstigung ein Grund für den rasanten Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland. Die umfangreiche Privilegierung von Immobilieneigentum müsse deshalb zurückgefahren werden.

Bildquellen: Grand Warszawski / Shutterstock.com