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Wirtschaftsprofessor Gunther Schnabl: Niedrigzinspolitik führt zu steigenden Immobilienpreisen – mit verheerenden Folgen

Von der Niedrigzinspolitik der Zentralbanken profitieren laut Wirtschaftsprofessor Schnabl hauptsächlich Besserverdiener und Immobilienbesitzer, während Verbraucher mit geringerem Einkommen und junge Menschen mit den Folgen in Form von steigenden Immobilienpreisen zu kämpfen haben.

Niedrige Zinsen führen zu steigenden Immobilienpreisen

Die Zentralbanken setzen weltweit seit einigen Jahren auf eine Niedrigzinspolitik und bewirken damit, dass Geld dauerhaft günstig zur Verfügung steht. Hierdurch wird es Verbrauchern erleichtert, an Kredite mit besonders attraktiven Konditionen zu kommen. Dies hat allerdings auch einen für Kreditnehmer negativen Nebeneffekt – die Preise für Wohnimmobilien steigen scheinbar unaufhörlich.

Darunter leiden vor allem Verbraucher mit geringerem Einkommen und jüngere Arbeitnehmer, die sich trotz hohem Geldangebot Immobilien nicht mehr leisten können. Gunther Schnabl, Wirtschaftsprofessor der Universität Leipzig, sagte dazu gegenüber der NZZ: „Meine Mutter arbeitete in den 1960er Jahren als junge Frau in einem Biergarten und konnte sich damit das Geld für den Kauf eines ersten Baugrundstücks verdienen“, heute könne man dies so nicht mehr realisieren.

Dies hat laut Schnabl zur Folge, dass Immobilieneigentümer ihr Vermögen vermehren und entsprechend weitere Objekte kaufen können, während Geringverdiener und jüngere Arbeitnehmer laut Schnabl „faktisch vom Immobilienmarkt ausgesperrt“ werden.

Auch Staat profitiert von der Zinspolitik – und trägt zur Wohnungsnot bei

Wer weder über das nötige Eigenkapital noch über Sicherheiten verfüge, könne auch nicht von niedrigen Zinsen profitieren, so Schnabl. Vielmehr würden diejenigen von der Zinspolitik profitieren, die bereits über Vermögenswerte verfügten. Größter Profiteur sei allerdings die Bundesrepublik, da sich der Staat ebenfalls lukrativ finanzieren könne, führt Schnabl aus.

„Der beliebteste Arbeitgeber ist heute nicht Siemens oder Daimler, sondern die staatliche Verwaltung. Sie bietet die sichersten Arbeitsplätze und kann sich günstig über die Notenbanken finanzieren“, erklärt der Experte. Und genau dies wirkt sich laut dem Experten ebenfalls auf die Immobilienpreise aus. Denn die staatlichen Arbeitsplätze seien meist in den Großstädten zu finden, wodurch sich in diesen der Wohnungsmarkt zunehmend anspanne.

Schnabl: Sozialer Wohnungsbau und Mietendeckel keine Lösung

Entsprechend spitze sich der Wohnungsmarkt auch hauptsächlich in den Metropolregionen zu, während ländliche Regionen kaum mehr Zuwachs erführen, führt Schnabl weiter aus. Die Zinspolitik der EZB wird sich allerdings auch nicht so schnell ändern, weshalb der Staat auf diese Situation mit sozialem Wohnungsbau in den Ballungsgebieten reagiert.

Sozialer Wohnungsbau und andere Maßnahmen wie Mietbremsen und -deckel hält der Wirtschaftsprofessor allerdings nicht für zielführend. Man solle vielmehr die Zinspolitik ändern, anstatt die Folgen dieser zu bekämpfen, plädiert Schnabl. Ein geregelter Gang aus der Niedrigzinspolitik sei entsprechend effektiver, wobei dies mit Bedacht und Vorsicht geschehen solle, damit die Banken nicht auf „faulen Krediten“ sitzen bleiben, wenn die Zinsen wieder steigen sollten und die Immobilienpreise entsprechend sinken.

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