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Wohnraum schaffen oder Flächenverbrauch senken? Politiker und Naturschützer streiten sich um die Verlängerung von Paragraf 13b BauGB

Den Wohnungsbau erleichtern – eigentlich ein Anliegen aller. Aber: Die von einer Kommission der Bundesregierung geforderte Maßnahme stößt auf heftige Kritik seitens des Bundesamtes für Naturschutz, des Umweltbundesamts und anderer Naturschützer.

2017 trat Paragraf 13b des Baugesetzbuchs (BauGB) in Kraft. Das bedeutet, an Ortsrändern wird das Bauen auf Flächen mit einer Größe von bis zu 10.000 Quadratmetern erleichtert und weder Umweltprüfung noch ein Ausgleich für den Naturschutz sind verpflichtend. Sinn der Sache: Schnell neuen Wohnraum schaffen, um die Wohnungsknappheit und damit verbundenen teuren Mieten in Ballungsräumen zu lindern. Paragraf 13b BauGB ist Ende letzten Jahres ausgelaufen – nun wird über eine Verlängerung des Gesetzes diskutiert.

Umweltbundesamt: Das Gesetz erfüllt seinen Zweck nicht

Anfang Juli 2019 schlug die Kommission für „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ (Baulandkommission) der Bundesregierung in ihren “Empfehlungen auf Grundlage von Beratungen” eine Verlängerung der Gültigkeit von Paragraf 13b BauGB bis Ende 2022 vor – schließlich sei die Problematik der Wohnungsknappheit noch nicht allerorts gelöst.

Dieser Vorschlag verursachte einen Aufschrei der Umweltschützer: Bereits 2017 waren diese nicht begeistert von dem Gesetz. So zitiert die Süddeutsche Zeitung aus einer aktuellen Studie des Umweltbundesamts, hauptsächlich kleine Gemeinden (also nicht der Ballungsraum) würden von Paragraf 13b BauGB profitieren. Der eigentliche Zweck, “substantiell neues Wohnbauland zur Minderung der bestehenden Wohnungsnot in wachsenden Kommunen mit angepassten Wohnungsmärkten zu schaffen,” würde durch das Gesetz nicht erfüllt.

Petitionen gegen Paragraf 13b BauGB

Nicht nur das Umweltbundesamt übt Kritik an dem Gesetz: Die Süddeutsche Zeitung zitiert Aussagen von Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, gegenüber der dpa. Demnach zerstöre das Bauen auf Wiesen und Brachflächen am Rande kleiner Kommunen Lebensräume und wertvolle Instrumente des Umwelt- und Naturschutzes, außerdem werde die Landschaft durch den Bau von Einfamilienhäusern zersiedelt – was dem Ziel des BauGB widerspreche, sparsam mit Grund und Boden umzugehen.

Ziel der Bundesregierung sei eigentlich, die Nettobebauung von Grund und Boden auf 30 Hektar täglich zu reduzieren – momentan seien es aber etwa 56 Hektar am Tag, was 78 Fußballfeldern entspreche. Jessels Standpunkt also: Paragraf 13b BauGB beschleunigt den Verbrauch von Grund und Boden und steht dem 30-Hektar-Ziel der Bundesregierung im Weg.

Das findet wohl auch der Naturschutzbund NABU und andere Umweltschützer: Es gibt bereits mehrere online-Petitionen gegen die Gesetzesverlängerung. Die NABU-Petition ging Ende Juni online, bislang wurden etwa 26.000 Unterschriften gesammelt.

ZIA: Paragraf 13b BauGB unterstützt Gemeinden

Hingegen bewertet der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) die Situation in einer Stellungnahme von Anfang Juli dieses Jahres aus dem sozialen Blickwinkel: “Der ZIA begrüß die […] geplante Verlängerung bis 2022. Durch die Möglichkeit der Aufstellung eines Bebauungsplans in beschleunigten Verfahren kann gerade schneller gebaut und damit auch insbesondere neuer Wohnraum schneller bereitgestellt werden.” Auf Argumente von Umweltschützern, es sei wichtiger, in den Ballungsräumen selbst neuen Wohnraum zu schaffen, geht der ZIA nicht ein.

“Allerdings sollte […] eine Verlängerung der Regelung des § 13b BauGB bis mindestens 2032 festgelegt werden. Hierdurch können längerfristig Verfahrenswege gekürzt und Gemeinden, sofern sie das wollen, entlastet werden”, heißt es in der Stellungnahme. Sogar eine gänzliche Aufhebung der Befristung wird kurz thematisiert.

Sicher ist: Sowohl der Standpunkt der Politiker als auch der der Umweltschützer hat seine Berechtigung. Wie sich die Bundesregierung im Endeffekt entscheiden wird oder ob ein sinnvoller Mittelweg gefunden werden kann, bleibt aber noch abzuwarten.

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