Drees & Sommer Immobilienkolumne – Analysieren, optimieren, implementieren: Worauf Unternehmen beim Einführen eines Desk-Sharing-Prinzips achten sollten

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Inzwischen kehren Mitarbeiter vielerorts in ihre Büros zurück – wenn auch häufig anders als zuvor: Die Back-to-Office-Strategie von Unternehmen beinhaltet nicht selten neue Arbeitsmodelle.

Der Trend zu hybridem Arbeiten und Desk-Sharing wurde durch die Pandemie befeuert. Die Einführung eines Desk-Sharing-Prinzips stellt Unternehmen dabei häufig vor organisatorische Herausforderungen: Wer kommt wann ins Büro, damit alle einen Platz finden? Damit solche Modelle reibungslos funktionieren, empfiehlt sich neben einer systematischen Einführung die Organisation mittels IT-Lösungen.

Laut einer Umfrage des ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim unter rund 1.200 Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe und der Informationswirtschaft ist in beiden Branchen der Anteil der Belegschaft, der zukünftig hybrid arbeiten wird, deutlich gestiegen.1 Das gilt auch für andere Branchen: In einer jüngst von YouGov im Auftrag der Branchenorganisation gfu Consumer & Home Electronics GmbH durchgeführten Studie sind 70 Prozent der Befragten der Meinung, dass Homeoffice auch nach dem Pandemieende selbstverständlich weiter praktiziert wird – wenn auch nicht mehr in so starkem Umfang.2

Für Unternehmen birgt dies das Potenzial, durch ein Desk-Sharing-Prinzip die Bürofläche flexibler zu nutzen und Einzelbüros gegen Gemeinschaftsflächen mit Kreativräumen, Lounges oder Fitnessangeboten zu tauschen. Dabei entscheidet gar nicht die Quadratmeterzahl, sondern in erster Linie die Qualität der Fläche über deren Zukunftsfähigkeit. Insbesondere für agile Arbeitsweisen ist ein Desk-Sharing-Prinzip optimal geeignet, da Arbeitsplätze flexibel und nach Bedarf von Einzelpersonen oder Gruppen genutzt werden können. Für Arbeitnehmer bieten Homeoffice und hybrides Arbeiten eine Ersparnis der Pendelzeiten und können fokussiertes Arbeiten sowie individuellere Arbeitszeiten ermöglichen. Die Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit erhöht für viele Mitarbeiter zudem die Arbeitgeberattraktivität, da sich Beruf und Privates so leichter vereinbaren lassen.

Um die Potenziale des hybriden Arbeitens mit Desk-Sharing-Prinzip für Unternehmen wie Mitarbeiter voll auszuschöpfen, empfiehlt sich eine systematische Einführung. Diese kann als ein dreistufiger Prozess beschrieben werden – begonnen mit einer Analyse der Ist-Situation und Bedarfe, gefolgt von möglichen Optimierungsmaßnahmen der Räumlichkeiten und abgeschlossen mit der Implementierung geeigneter IT-Lösungen zur Organisation des Desk-Sharings.

Analysieren: Wie viele Mitarbeiter können sich einen Arbeitsplatz teilen?

Im Rahmen einer strukturierten Bestandsaufnahme unter Einbezug der Mitarbeiter werden deren Arbeitsweisen und Bedarfe erfasst: Wer arbeitet ausschließlich am Schreibtisch, wer ist die meiste Zeit im Außendienst? Wer arbeitet still, wer telefoniert häufig? Welche Aufgaben können von zu Hause aus erledigt werden und welche nicht? Auf dieser Basis werden Nutzertypen erstellt und eine Sharing-Quote errechnet. Letztere besagt, wie viele Mitarbeiter sich einen Arbeitsplatz teilen können. Sie bildet die Grundlage, auf der anschließend das Desk-Sharing-Prinzip entwickelt wird.

Viele Unternehmen haben ihre Prozesse bereits ins Digitale verlagert und die Mitarbeiter zur Arbeit im Homeoffice befähigt – beschleunigt durch die Pandemie. Damit ist die Grundvoraussetzung für ein Desk-Sharing-Prinzip gegeben. In einer anonymen Umfrage unter 180 IT-, Real-Estate- und HR-Verantwortlichen aus 20 unterschiedlichen Branchen im Rahmen des Drees & Sommer Workspace Benchmark Report 20213 gaben 93 Prozent der Befragten an, teilweise oder überwiegend digital zu arbeiten. Gleichzeitig setzt jedoch erst knapp die Hälfte auf flexible Flächennutzungskonzepte: Rund 48 Prozent der Befragten haben noch kein Desk-Sharing-Prinzip implementiert und sind unentschlossen. Knapp zwei Drittel dieser Gruppe wird jedoch mobiles Arbeiten von zu Hause aus anbieten, 29 Prozent auch an Third Places. Mit 89 Prozent, die teilweise oder überwiegend digital arbeiten, erfüllt damit auch diese Gruppe eine wichtige Voraussetzung für ein flexibles Nutzungskonzept wie Desk-Sharing.

Optimieren: Das Büro als Ort der Begegnung

Bei vermehrter Heimarbeit der Mitarbeiter müssen gleichzeitig arbeitsrelevante Informationsflüsse und Teamstrukturen aufrechterhalten und Möglichkeiten für den informellen Austausch zur Verfügung gestellt werden. Während das Büro von den Mitarbeitern weniger frequentiert wird, gewinnt es gleichzeitig als Ort der Begegnung und Identifikation mit dem Arbeitgeber an Bedeutung. Es fungiert als Touchpoint zur Marke und als emotionale Tankstelle. An diese Bedarfe der Nutzer sollte sich die Bürostruktur anpassen: Wenn Besprechungs-, Projekt- und Rückzugsräume für konzentrierte Einzelarbeit durch offene Kommunikations- und Begegnungsflächen ergänzt werden, bleibt das Büro weiterhin attraktiv für die Mitarbeiter.

Nicht zu vernachlässigen beim Desk Sharing ist zudem der Bedarf nach Stauraum für persönliche Gegenstände, zum Beispiel in Form von Schließfächern. Arbeitsunterlagen, Notizzettel und technisches Equipment können nicht am gemeinsam genutzten Arbeitsplatz verbleiben und benötigen einen neuen, zentralen Ablageort im Büro.

Implementieren: IT-Lösungen helfen bei der Organisation

Sobald nicht mehr jeder Mitarbeiter über einen eigenen und festen Arbeitsplatz verfügt, müssen Anwesenheitszeiten und Platzzuweisungen gut organisiert werden – ansonsten laufen Unternehmen Gefahr, dass das Konzept auf fehlende Akzeptanz stößt. Aus dem Drees & Sommer Workspace Benchmark Report 20213 geht hervor, dass nur 21 Prozent der Befragten, die bereits ein flexibles Flächennutzungskonzept eingeführt haben, Technologie zielgerichtet einsetzen, um Desk Sharing zu ermöglichen. Mehr als die Hälfte der Desk-Sharing-Erfahrenen gibt an, den Arbeitsplatz täglich neu nach dem Prinzip „Freie Platzwahl“ zu vergeben.

Damit der Arbeitstag im Büro nicht mit einer Suche nach einem freien Arbeitsplatz beginnt oder Mitarbeiter gar wieder den Rückweg ins Homeoffice antreten müssen, sollten Arbeitsplätze idealerweise im Vorfeld gebucht werden können. So wird aus der Suche nach einem freien Platz die Wahl eines geeigneten Arbeitsortes, der den Anforderungen des Tages gerecht wird. Provisorische Excel-Listen für die Platzbelegung können bei größeren Unternehmen mit vielen Mitarbeitern jedoch unübersichtlich werden und sind auf Dauer nicht nutzerfreundlich. Eine Lösung bietet spezielle Raumbuchungssoftware, über die die Mitarbeiter bereits von zu Hause oder unterwegs ihren Arbeitsplatz für den nächsten Tag buchen können. Mit der steigenden Nachfrage von Unternehmen nach Buchungssoftware steigt auch das Angebot – insbesondere durch Start-Ups aus dem Bereich PropTech (Property Technology), sogenannte PropTechs. Häufig lassen sich hier zusätzliche Daten integrieren – von ganzen Bauplänen, sodass die Raum- und Arbeitsplatzbuchung in einem 3D-Modell erfolgen kann, bis zu Ausstattungsdetails der einzelnen Arbeitsplätze.

Zusätzlich zur Arbeitsplatzbuchung ermöglichen viele IT-Lösungen den Administratoren auch eine Analyse der Auslastung. Diese hilft dabei, das Desk-Sharing-Prinzip langfristig zu optimieren, indem sie Verbesserungspotenziale aufzeigt. So wird beispielsweise sichtbar, welche Arbeitsplätze oder Räume besonders oft beziehungsweise besonders selten gebucht werden. Die Situation vor Ort kann demnach entsprechend der Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden. Auch zu hohe oder zu niedrige Sharing-Quoten werden erkannt und können korrigiert werden. Als Analyse-Tool bewährt sich die Software zudem bereits im ersten Schritt der Bestandsaufnahme, um auszuwerten, wie nachgefragt einzelne Flächen sind und auf dieser Datenbasis erst ein Desk-Sharing-Prinzip zu entwickeln.

Die Anschaffung der Software eignet sich je nach Anbieter zudem häufig als Einstiegsmöglichkeiten in das digitale Gebäudemanagement als Teil der CAFM-Familie (Computer-Aided Facility Management). Neben der Buchung von Arbeitsplätzen, Räumen oder auch Parkplätzen bieten viele Hersteller Software-Pakete mit weiterführenden Leistungen für das Gebäudemanagement an. Diese reichen vom Keyless Entry via Smartphone bis hin zur Steuerung von Licht und Klima am Arbeitsplatz.

Change erfordert Management

Der Einführungsprozess eines neuen Arbeitsmodells wird idealerweise durch Change Management und interne Kommunikation begleitet. Ängste der Mitarbeiter müssen genommen, Bedenken ausgeräumt und die Vorteile des neuen Konzeptes erklärt werden. Die Einführung einer Raumbuchungssoftware bringt die Themen Cyber Security und DSGVO nicht nur bei den IT-Verantwortlichen im Unternehmen auf die Agenda – zum Thema Datenschutz müssen alle Mitarbeiter abgeholt werden.

Fest steht: Ein neues Arbeitsmodell lässt sich nicht über Nacht einführen – insbesondere dann nicht, wenn sich mehrere Mitarbeiter zukünftig einen Arbeitsplatz teilen sollen. Mit einer systematischen und strukturierten Herangehensweise können Fehleinschätzungen und Stolpersteine jedoch rechtzeitig erkannt und ausgeräumt werden. Wichtig ist dabei die frühzeitige und aktive Beteiligung aller relevanten Akteure im Unternehmen – von der Geschäftsleitung, über Führungskräfte, Einkauf, IT, Facility Management bis zu Kommunikationsverantwortlichen.

Über die Autoren:

Sven Mylius studierte Projektmanagement Bau an der Fachhochschule Bielefeld und startete 2010 seine Laufbahn als Experte für New Work bei Drees & Sommer. Seine fachlichen Schwerpunkte umfassen unter anderem New Work Konzepte in Form von Gebäude- und Flächennutzungskonzepten, Bedarfsplanungen sowie deren Begleitung in der Umsetzung durch Workplace Change Management. Neben seiner Tätigkeit für Drees & Sommer ist er Lehrbeauftragter für nutzerorientierte Bedarfsplanung und Programming an der Fachhochschule Bielefeld.

 

Pauline Herzog begleitet als Expertin für New Work große Industrieunternehmen dabei, einen digitalen Workspace einzuführen und damit das Desk-Sharing zu optimieren – von den Nutzeranforderungen und Daten-Anbindungen über DSGVO bis hin zur Unternehmenskommunikation. Neben New Work und dem Digital Workspace liegen die fachlichen Schwerpunkte der studierten Stadtplanerin in der nutzerorientierten Bedarfsanalyse und Bedarfsplanung, städtebaulichen Analyse sowie der Campusplanung.

 

1 ZEW-Pressemitteilung: Unternehmen halten nach der Pandemie an hybriden Arbeitsmodellen fest – Unternehmensbefragung in Informationswirtschaft und Verarbeitendem Gewerbe
2 Homeoffice und mobiles Arbeiten: Gekommen, um zu bleiben – GFU
3 Workspace Benchmark Report | Drees & Sommer (dreso.com)

 

 

Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.

Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: alice-photo/Shutterstock.com