Drees & Sommer Immobilienkolumne – Digitaler Begleiter von Planung bis Rückbau
Wer früher ein Haus bauen wollte, griff zu Papier und Reißbrett und begann zu zeichnen. Heute nehmen zwar spezielle Software-Programme den Bauplanern das Zeichnen ab, gebaut wird aber zumeist noch wie in analogen Zeiten, mit Meterstab und Senkblei, auf Zuruf und mit Nachbesserungen. Bauherren wissen aus eigener Erfahrung: Irgendwas geht immer schief. Dass es auch einfacher geht, beweisen digital geplante Gebäude wie die experimenta in Heilbronn oder der Siemens Campus in Erlangen.
Mit BIM geplant ist halb gebaut
Andere Branchen machen es vor: In der Automobilindustrie hat die Digitalisierung in Form von Industrie 4.0 längst die Produktion umgekrempelt. Binnen weniger Tage wird aus tausenden von Teilen ein individuell konfiguriertes Auto gebaut. Was der Kunde bestellt, bekommt er auch – zum vereinbarten Termin und Preis.
Was Industrie 4.0 für den Maschinenbau, ist Building Information Modeling für die Immobilienbranche: die digitale Vernetzung aller Prozesse, Produkte und Beteiligten. Building Information Modeling, kurz BIM, bezeichnet eine Methode der vernetzten Zusammenarbeit, die alle relevanten Daten in einem Modell bündelt. Dieses Modell ist ein dreidimensionaler, digitaler Zwilling des späteren Gebäudes mit großer Detailtiefe. Der Bauplaner beschreibt im Modell beispielsweise nicht nur eine Tür, sondern definiert die genauen Maße, Kosten, Lebensdauer des Materials oder dessen Schalldurchlässigkeit.
Maximale Transparenz für Bauherren, Planer und Gewerke
Den digitalen Zwilling mit all diesen Daten anzureichern erhöht zwar zunächst den Planungsaufwand, erspart später aber sehr viel Rechnerei, da sich das Bauwerk auf Knopfdruck quasi selbst berechnet: Wie verändert sich die Gebäudegeometrie, wenn zusätzliche Büroräume eingefügt werden? Welche Auswirkungen hat eine begrünte Fassade auf den Energiebedarf? Und was kosten Fliesen statt eines Vinylbodens?
Im BIM-Modell lassen sich solche Entwurfsvarianten in einer sehr frühen Planungsphase durchspielen. Da alle Bauakteure im gleichen Modell arbeiten, sind sämtliche Informationen sofort verfügbar. Ändert der Planer beispielsweise den Gebäudegrundriss ab, werden wird automatisch die Anzahl der Fenster oder Türen mit allen benötigten Komponenten angepasst. Und passen die Entwürfe nicht mehr zusammen, werden diese Kollisionen nicht erst während des Bauprozesses bemerkt, wo sie zu teuren Zeitverzögerungen führen. Das Modell weist von selbst auf Planungsfehler hin und sorgt damit für eine maximale Planungssicherheit.
Digitales Gedächtnis für ein Gebäude
Idealerweise begleitet das BIM-Modell ein Bauwerk über dessen gesamte Lebensdauer: von der Entwurfs- und Bau- über die Nutzungsphase bis hin zum Rückbau. Übernimmt der Facility Manager ein mit BIM geplantes Gebäude, kann er das Modell als eine Art „Betriebssystem“ zur Gebäudeverwaltung genutzt werden. Wartungsarbeiten, Umbau oder Sanierung – alle Betriebsdaten werden sofort erfasst und erleichtern die Kommunikation zwischen Eigentümer, Betreiber und Dienstleistern. Über BIM entwickelt das Gebäude eine Art digitales Gedächtnis, in dem nicht nur Planung und Bau, sondern auch alle Prozessdaten des laufenden Betriebs erfasst werden. Und am Ende des Lebenszyklus ermöglicht das Modell dann eine genau getaktete Rückbauplanung.
Autor: Peter Liebsch, Associate Partner der Drees & Sommer SE
Peter Liebsch ist Associate Partner bei Drees & Sommer. Nach seinem Architekturstudium an der Technischen Universität Darmstadt sammelte er in den Jahren 2005 bis 2015 Praxiserfahrungen in Großbritannien und Australien, wo er in der Funktion des Global Head of Design Technology bei dem Architekturbüro Grimshaw die Entwicklung von digitalen Werkzeugen für den gesamten Entwurfsprozess vorantrieb. Zu den Schwerpunkten seiner Arbeit gehörten unter anderem die Entwicklung von digitalen Werkzeugen und die Umsetzung von Building Information Modeling in Projekten. Seit März 2015 ist Peter Liebsch für Drees & Sommer als Leiter Digitale Prozesse und Werkzeuge tätig. Neben der Entwicklung interner Prozesse und Leitfäden für die BIM-Projektabwicklung unterstützt und berät Peter Liebsch zahlreiche Kunden bei der Entwicklung und Umsetzung einer BIM-Strategie.
Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.
Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die 3.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 43 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.
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