Drees & Sommer Immobilienkolumne – Grüne Rechenzentren statt heißer Luft

Abends eine gestreamte Serie auf Netflix, Amazon Prime und Co. – das hat in vielen Haushalten das lineare Fernsehen abgelöst.

Nebenher wird noch auf Social Media gescrollt, tagsüber per E-Mail korrespondiert und das Meeting im Büro wird insbesondere zu Pandemie-Zeiten durch Videokonferenzen ersetzt. Letzterer Punkt mag die Umwelt auf den ersten Blick zwar entlasten, insgesamt resultiert der mittlerweile gigantische Datenverkehr aber in einem extrem hohen Energieverbrauch. Höchste Zeit also, dass auch Rechenzentren umweltfreundlicher konzipiert werden.

Unser digitaler Alltag, beruflich wie privat, braucht Unmengen an Strom, verursacht CO2 und wirkt sich erheblich auf das Klima aus. Eine Stunde auf Netflix zu streamen, benötigt genau so viel Energie, wie etwa sieben Kilometer mit dem PKW durch die Stadt zu fahren. Ergebnis ist ein CO2-Äquivalent von 200 bis 250 Megatonnen, das weltweit auf Rechenzentren und Kommunikationsnetze entfällt, wie eine Bitkom-Studie aus dem Jahr 2020 herausfand. Und damit noch kein Ende: Wenn die Digitalisierung weiter so voranschreitet, dann werden Data Center bis zum Jahr 2025 bis zu einem Fünftel des globalen Stromverbrauchs ausmachen. In Deutschland entfallen auf die mehr als 55.000 Rechenzentren bereits jetzt etwa 13 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr. Das entspricht dem gesamten jährlichen Strombedarf einer Großstadt wie Berlin. Zu einem umweltfreundlicheren Energieverbrauch der Digitalisierung müssen deshalb künftig grünere Rechenzentren beitragen.

Entstehende Abwärme sinnvoll nutzen

Neben erneuerbaren Energien hat vor allem die Nutzung der Abwärme der Rechenzentren großes Potenzial, zu mehr Nachhaltigkeit beizutragen. Denn beim Betrieb der Data Center erhitzen sich die Server und müssen deshalb kontinuierlich gekühlt werden. Dabei entsteht Wärme, die zumeist ungenutzt verpufft. Eben diese Wärme könnte allerdings genutzt werden, um angrenzende Bürogebäude, Wohnungen oder Gewächshäuser zu heizen. In Schweden wird diese Methode schon bei rund 30 Rechenzentren angewendet, sie speisen ihre Abwärme in das Stockholmer Fernwärmenetz ein. Deutschland hinkt im Vergleich dazu noch hinterher.

Nachbarn mit permanentem Wärmebedarf gesucht

Grund dafür ist einerseits die Standortplanung. Denn ein Rechenzentrum ist dauerhaft aktiv und gibt demnach das ganze Jahr über Wärme ab. Als Nachbarn eigenen sich deshalb Einrichtungen, die nicht nur im Winter beheizt werden müssen, sondern permanent. Das können beispielsweise Schwimmbäder, Wäschereien oder landwirtschaftliche Vorhaben wie Urban Farming sein. Damit diese kluge Standortplanung allerdings aufgeht, müssen sich Städte und Kommunen frühzeitig um Genehmigungen kümmern und Quartiersplanungen fördern. Außerdem reicht die Temperatur der Abwärme mit 30 Grad Celsius mitunter nicht als Heizleistung aus. Die Lösung dafür könnten Wärmepumpen im Rechenzentrum selbst oder der Einbau sogenannter Niedertemperaturheizungen in angrenzenden Büro- und Wohngebäuden sein.

Anreize schaffen, um umweltfreundliche Entwicklung voranzubringen

Zweitens herrschen in Deutschland hohe Strompreise, woran das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit der gleichnamigen Umlage einen großen Anteil hat. Denkbar wäre es, Rechenzentren, bei denen Abwärme genutzt wird, von dieser Umlage zu befreien. Denn diese Data Center erfüllen ja das EEG-Ziel, umweltfreundliche Energien zu fördern. Auch das ist in Skandinavien anders: Niedrige Strompreise, geringe Kosten für die Kühlung und in Teilen Steuervergünstigungen punkten bei den Rechenzentren-Betreibern und schaffen Anreize, aus der Abwärme ein Geschäftsmodell zu machen. Auf internationaler Ebene will auch die Europäische Kommission den Klimaschutz bei Data Centern vorantreiben. In ihrem Strategiepapier „Shaping Europe´s Digital Future“ skizziert sie einen Fahrplan für die Klimaneutralität der Rechenzentren bis 2030. Für den Masterplan sollen mindestens 100 Milliarden Euro mobilisiert werden.

Gemeinschaftliches Agieren aller Ebenen gefordert

Vor dem Hintergrund, dass die Digitalisierung immer weiter voranschreitet und der Schrei nach Nachhaltigkeit immer lauter und dringender wird, sind also alle Ebenen gefragt: Die Politik sollte Anreize schaffen, die Kommunen die Rahmenbedingungen herstellen und die Betreiber von Rechenzentren sowie die Abnehmer der Abwärme müssen für die technischen Voraussetzungen sorgen. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, kann auch der Endverbraucher seine abendliche Serie mit einem guten grünen Gewissen genießen.

Autor: Andreas Ahrens

Andreas Ahrens ist seit 2011 bei Drees & Sommer tätig und verantwortet am Düsseldorfer Standort überwiegend die Projektsteuerung von IT-Projekten, insbesondere von Rechenzentren. Neben dem Projektmanagement liegt sein fachlicher Schwerpunkt auf Machbarkeitsstudien und der ganzheitlichen Gesamtkonzeption von Rechenzentren oder Immobilien mit hoher Anforderung an Sicherheit und Verfügbarkeit. Ahrens studierte bis 2006 Baubetrieb an der Fachhochschule Oldenburg sowie Construction Management am Galway-Mayo Institute of Technology in Irland und blickt als gelernter Bauzeichner auf eine langjährige Berufserfahrung als Bauingenieur und Projektsteuerer zurück.

 

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Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.

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