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Drees & Sommer Immobilienkolumne – Mehr als ein Haus mit Schreibtischen

Die Corona-Krise hat bestimmte Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt beschleunigt. Was gestern noch in Ordnung war, kann heute schon ein Ladenhüter sein. Property Companies sind gefordert, sich und ihre Portfolios neu auszurichten, um resilienter zu werden gegen exogene Schocks – und gerüstet zu sein für die Zukunft.

Es gab eine Zeit, da kannten die Immobilienpreise in Deutschland nur eine Richtung: nach oben. Die Nachfrage stieg und stieg, das Angebot für Investoren, Fondsgesellschaften und Property Companies wurde immer knapper und knapper – und viele Unternehmen waren bei Immobilieninvestitionen zu Zugeständnissen im Hinblick auf Lage, Zustand oder Kaufpreis bereit. Zumal der Projekterfolg zunehmend dadurch erschwert wurde, dass aus dem langanhaltenden Immobilienboom gravierende Engpässe und enorme Preissteigerungen bei sämtlichen Bauleistungen resultierten.

Und dann kam die Corona-Pandemie und mit ihr eine gravierende Wirtschaftskrise. Dass es einen solchen exogenen Schock geben könnte, hatte niemand auf dem Schirm – und es würfelt die Branche durcheinander. Wie gravierend die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt wirklich sind, wird sich erst noch zeigen. Klar ist aber schon jetzt: Eine Delle wird es sicherlich geben. Einige Unternehmen werden glimpflich aus der Sache kommen, andere werden sich ärgern, dass sie in Boom-Zeiten bei bestimmten Investments Abstriche in Kauf genommen haben. Denn die Pandemie hat wie ein Katalysator bestimmte Entwicklungen beschleunigt – und so mag eine Immobilie, die gestern noch halbwegs in Ordnung und vermietbar war, heute ein absoluter Ladenhüter sein.

Property Companies sind nun gefragt, die richtigen Konsequenzen zu ziehen, sich permanent neu zu erfinden und anzupassen und resilienter zu werden gegen plötzliche Schocks, wie die Corona-Pandemie einer war. Die Antwort liegt darin, kurz- und mittelfristige Bedürfnisse in Einklang zu bringen, schnell handlungsfähig zu werden und in zukunftssichere Technologien sowie Nachhaltigkeit zu investieren. Das bedeutet, dass sich jeder Investor, Projektentwickler oder Bestandshalter auch in Boom-Zeiten mit der Frage auseinandersetzen muss, inwieweit Bauvorhaben, Projekte oder der Bestand zukunftsorientiert und attraktiv genug sind, um auch in den kommenden Jahren idealerweise eine Vollvermietung zu gewährleisten und den wachsenden Anforderungen von Mietern in Bezug auf die Digitalisierungsfähigkeit der Immobilien Rechnung zu tragen. Zudem sollte man die Augen offenhalten, ob es weitere Einnahmemöglichkeiten gibt, um politische und gesellschaftliche Entwicklungen wie etwa den Berliner Mietendeckel, die zu weniger Einkünften führen, abzufedern.

Die Zukunft gehört intelligenten, klimafreundlichen Immobilien und Quartieren

Mittel- bis langfristig ist bereits absehbar, dass dies nur mit Immobilien möglich ist, die gleichermaßen intelligent als auch klima- und ressourcenfreundlich sind – und die somit die Ansprüche ihrer Nutzer erfüllen. Das werden künftig Digital Natives sein und vor allem eine immer stärker umweltbewusste Generation. Die Assetklassen Wohnen und Arbeiten werden sich immer weiter verzahnen. Denn die Bereiche Arbeiten, Leben und Wohnen sind miteinander intelligent verknüpft. Aufgrund des Flächenmangels wird in den Quartieren immer stärker der Typus des gemischt genutzten Hochhauses für Vielfalt sorgen.

Unternehmen, deren Kerngeschäft Immobilien beinhaltet, können und dürfen sich also nicht mehr auf die größtenteils über die Kaltmiete definierten Renditekategorien zurückziehen, sondern müssen sich als Plattformbetreiber und Serviceanbieter aufstellen und diese Entwicklungen und den digitalen Wandel bestmöglich für das eigene Kerngeschäft und die Weiterentwicklung digitaler Geschäftsmodelle nutzen. Zu den Gewinnern auf dem Immobilienmarkt der Zukunft wird zählen, wer als Property Company oder Fondsgesellschaft – neben der Vermietung und dem Verkauf von Flächen – Dienstleistungen für die Nutzer der Immobilien anbietet und mittels Datenanalytik und Künstlicher Intelligenz, Nutzungs- und Auslastungsdaten seiner Mieter bewerten kann. Dafür gilt es, Daten des Betriebs, der Nutzer und der Umwelt sinnvoll zu erfassen, auszuwerten und zu nutzen. Ziel muss sein, Belegung, Auslastung und Flächennutzung einzelner Gebäude einfach miteinander vergleichen zu können und Handlungsempfehlungen zu geben, wie die Gebäude betrieben werden sollen.

©GettyImages

Immobilienbesitzer, Asset- und Portfoliomanager haben schon heute Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen. Daten zu Gebäuden, ihrer Umgebung, ihrer Nutzung, ihrem Energieverbrauch, Abrechnungsdaten oder zu Mietern und Marktentwicklungen liegen vor. Nur sind sie häufig lediglich singulär verfügbar und lassen sich nur schwer miteinander verknüpfen. Wer als Investor, Bestandshalter und Betreiber mit dem Datenstrom Einkünfte generieren will, muss die vorhandenen Informationen und Daten auf einer Immobilienplattform sinnvoll zusammenführen und diese zielgerichtet auswerten können, um so aus den gesammelten Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen und passgenaue Lösungen für das Immobilienportfolio, die einzelnen Gebäude und ihre Nutzer abzuleiten. Die Property Companies werden damit in Zukunft zu einer Art Full-Service-Provider, wenn es um die Anmietung von Flächen und die Nutzung von neuen Dienstleistungen geht.

Der Immobiliennutzer und sein Bedarf steht im Fokus

Property Companies sind damit gefordert, sich viel stärker als bisher auf den späteren Immobiliennutzer zu fokussieren, um nicht mehr allein abhängig von der Entwicklung des Miet und Kapitalmarktes zu sein. Vielmehr lassen sich Mieter mit zusätzlichen Services, die ganz nebenbei auch eine höhere Rendite versprechen, an das Objekt binden. Ein Beispiel in dieser Hinsicht sind flexible Space-as-a-Service-Konzepte anstelle langfristiger Mietverträge: Der Nutzer beziehungsweise Mieter zieht sofort ein, legt los und muss sich um nichts kümmern. Er bucht Büromöbel, IT und Netzwerk, Reinigung oder Getränkeservice für einen bestimmten Zeitraum und ist dabei völlig flexibel. Für die Investoren oder Betreiber der Immobilie werden auf diese Weise attraktive zusätzliche Umsatzmöglichkeiten erschlossen.

Und wenn der Mieter sich aufgrund des Unternehmenswachstums vergrößern möchte, bucht er einfach zusätzliche Flächen hinzu. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Mietverträge mit langen Laufzeiten von zehn Jahren und mehr aussterben werden, genauso wie die Anmietung von Expansionsflächen auf Vorrat. Flexibilität steht im Fokus – und darauf müssen sich die Property Companies einstellen. Der hohe Grad an Flexibilität ist möglich durch die Nutzung der Daten: Damit lässt sich der jeweilige Bedarf optimieren, auch mit Blick auf das Asset-, Property- und Facilitymanagement. Wenn die Nutzung der Daten ineffiziente Prozesse verändert, führt das zu einem hohen Einsparungspotential. Auch die großen Softwareunternehmen haben das als Chance erkannt und drängen mit ihrem Knowhow und ihren Plattformlösungen auf den Immobilienmarkt.

Hinzu kommt der Nachhaltigkeitsfaktor, nicht zuletzt mit Blick auf den „Green Deal“ der Europäischen Kommission, der bis 2050 zur Klimaneutralität des gesamten europäischen Kontinents führen soll und dessen Investitionsplan den größten Kapitalbedarf im Gebäudesektor sieht. Es macht sich also bezahlt, schon heute in Umwelt- und Klimaschutzkategorien zu denken und die Investments entsprechend auszurichten. Bei nachhaltigen Immobilieninvestments taucht immer häufiger die Abkürzung ESG auf. Sie steht für die drei Dimensionen Environmental, Social und Governance, und damit für ökologische, soziale und unternehmerische Anforderungen, denen Unternehmen genügen sollten. Dazu können auch Zusatzservices wie eben Space-asa- Service-Konzepte oder auch innovative Mobilitätskonzepte gehören. Da schließt sich dann der Kreis: Die Büroimmobilie der Zukunft ist mehr als ein Haus mit Schreibtischen darin. Sie ist ein Ort der Begegnung, der menschlichen Nähe und des Austauschs mit Services, die sich vollumfänglich an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren.

Autor:

Klaus Hirt kam 2007 nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt sowie an der WU Wien zu Drees & Sommer. Vom Frankfurter Standort aus betreut er sowohl nationale als auch internationale Kunden zu Themen rund um den Immobilienzyklus. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der ganzheitlichen Immobilienentwicklung. Darunter fallen die Entwicklung von Portfolio- und Immobilienstrategien, Machbarkeits- und Sanierungsstudien, Due Diligences für Immobilien sowie weiterführende Transaktionsberatung und das technischwirtschaftliche Projektcontrolling.

Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.

Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.

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