Drees & Sommer Immobilienkolumne – Modulares Bauen: anspruchsvolle Architektur aus dem Baukasten

Bei dem Wort „Modulbau“ denken viele an klobige und öde Massenware, an eine Art Lego für Erwachsene aus Beton und Stahl. Mit der Realität hat das wenig zu tun.

Der Grundgedanke des modularen Bauens ist nicht neu: Bereits seit vielen Jahren setzt man Gebäude nach dem Baukasten-Prinzip zusammen – allerdings zumeist mit Abstrichen bei der Ästhetik und Funktionalität. Schuhschachtel-Architektur war die Folge. Daher war das modulare Bauen viele Jahre lang auf wenige Gebäudetypen wie Industriehallen, einfache Bürogebäude oder Wohnungsbauten mit geringer Komplexität und Standardgrößen beschränkt.

Dank moderner Planungsmethoden ist inzwischen viel mehr möglich. Aufsehenerregende modular geplante Bauwerke wie die Wissens- und Erlebniswelt experimenta in Heilbronn, das innovative Stadtquartier FOUR in Frankfurt oder der Roche Neubau in Basel belegen dies. Ob Wohnung, Kita, Schule oder Bürogebäude – modulares Bauen ist schneller, effizienter, und nachhaltiger und als konventionelle Bauweise. Gleichzeitig erfüllen die so gebauten Immobilien durch den hohen Standardisierungsgrad alle bauordnungsrechtlichen Vorschriften, was zu einer schnelleren Abnahme führt.

Der Architektur keine Grenzen gesetzt

Zwei Wege führen zum modular geplanten Gebäude: Zum einen können Bauprojekte von Beginn an modular nach einem klassischen Baukasten-Prinzip geplant werden. Dazu bieten Hersteller vordefinierte Bausysteme und Module an, die nur begrenzt veränderbar sind. Zum anderen lässt sich ein individueller Architekturentwurf nachträglich modularisieren. Dahinter steckt eine digitale Planungsmethodik, die jeden individuellen Architekturentwurf und alle technischen Gebäudekonzepte in Module übersetzen kann. Diese werden anschließend in Katalogen zusammengefasst.

Ziel ist, dass gleiche Flächen und Konstruktionen – wie etwa Büroräume oder Sanitärbereiche in Wohnungen – nur einmal geplant werden. Oftmals lässt sich durch kleine geometrische Korrekturen die Vielfalt der Konstruktionen deutlich reduzieren, ohne dabei die Funktionalität oder die architektonische Wirkung zu beeinträchtigen. Das Besondere an dieser Vorgehensweise: Kreative Ideen und anspruchsvolle Einzelstücke fallen keinen Standardlösungen aus dem Modulbaukasten zum Opfer. Auch komplexe Gebäude mit schwierigen Geometrien lassen sich heute systematisch modularisieren.

Modular geplant und industriell vorgefertigt

Diese Art des Planens und Bauens durchbricht die Gewerkerollen und erfordert eine integrative Planung. Planende und Ausführende sollten dabei möglichst schon in den frühen Phasen an einem Tisch zusammenkommen. Durch die Modularisierung wird ein Gebäude wie ein Produkt beschrieben, vergleichbar mit einem Auto. Dieses Produkt wird zerlegt in Teilsysteme, in Fassade, Kerne, Flure, Räume, Schächte, Zentralen etc. Jedes Teilsystem wird von einem interdisziplinären Team bearbeitet. Diese Systeme können als einzelne Planungsbausteine verstanden werden, die über klar definierte Schnittstellen miteinander verbunden sind.

Die Module sind Planungs-, Logistik- und Montagestandards in einem. Sie können im Idealfall komplett industriell vorgefertigt, taktgenau auf der Baustelle angeliefert und in standardisierten Prozessen montiert werden. Für die Arbeiter auf der Baustelle bringt dies eine erhebliche Entlastungsfunktion mit sich: Je mehr Arbeitsschritte aber bereits vorab in der Halle ausgeführt werden, desto einfacher wird die Arbeit für die Monteure auf den Baustellen und desto weniger Werkzeug wird vor Ort benötigt. Gleichzeitig wird der Baufortschritt unabhängiger von der Witterung und mit der Vorfertigung steigt die Qualität der Bauteile, da die einzelnen Module millimetergenau produziert werden können. Insgesamt lässt sich die Bauzeit signifikant verkürzen – bei gleichbleibender räumlicher, gestalterischer und gebäudetechnischer Qualität.

Stark in Kombination mit BIM

Das größte Potenzial entfaltet das modulare Bauen durch die Kombination mit der digitalen Planungsmethode Building Information Modeling, kurz BIM. In die Zukunft gedacht wird es möglich sein, die Modul-Daten aus dem digitalen Zwilling direkt an die Produktion zu übermitteln.

Über den Autor:

Dr. Volkmar Hovestadt ist Geschäftsführer der Drees & Sommer-Tochter digitales bauen GmbH. Die Firma digitales bauen wurde im Jahre 1998 mit dem Ziel gegründet, Erfahrungen und Ergebnisse aus der langjährigen Forschung am Institut für Industrielle Bauproduktion der Universität Karlsruhe in die Praxis zu übertragen. Aus diesem Kontext heraus wurde eine Planungsmethodik entwickelt, die individuelle Architekturentwürfe und technische Gebäudekonzepte systematisch in Module zerlegt und diese nach dem Vorbild von Industrieprodukten umfassend integriert und detailliert. Die Methodik wurde seit nunmehr fast 25 Jahren in einer Vielzahl von Projekten aus den Bereichen Wohnen, Verwaltung, Forschung und Industrie verifiziert und ständig verfeinert. Seit dem 01.01.2020 beteiligt sich Drees & Sommer mit 74,9 Prozent an digitales bauen. Die gemeinsame Vision: die Baubranche Schritt für Schritt mit einem systematischen, modularen Ansatz zu durchdringen und eine digitale Prozesskette zu etablieren.

 

 

Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.

Als führendes international tätiges Planungs- und Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit über 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 51 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.

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