Drees & Sommer Immobilienkolumne – Seilbahnen: Nachhaltig, leise und effizient

Der Drees & Sommer-Hauptsitz befindet sich in Vaihingen, einem südwestlich gelegenen Stadtteil Stuttgarts. Die Luftlinie zur City beträgt gerade einmal 8,6 Kilometer. Doch wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln von der Stuttgarter Königstraße bis nach Vaihingen fahren möchte, benötigt rund eine Dreiviertelstunde.

Mit dem Auto ginge das zwar deutlich schneller, wer aber den Großraum Stuttgarts verkehrstechnisch kennt, der weiß, dass verstopfte Straßen, Staus und dementsprechend schlechte Atemluft an der Tagesordnung sind. Alternativen? Fehlanzeige! Der Bau von U-Bahnen ist zu teuer und neue Straßen sind infrastrukturell weitestgehend ausgeschlossen. Ein Lösungsansatz, der all diese Probleme im Nu wortwörtlich überflügeln könnte, wäre ein urbanes Seilbahnsystem. Wie angenehm wäre für diese Strecke wohl eine gemütliche Fahrt in einer Gondel, inklusive Panoramablick bis hin zum Fernsehturm oder dem Rotwildpark, einem beliebten Ausflugsort inmitten einer Seenlandschaft.

 

Ein Leitfaden für urbane Seilbahnen

Doch so abwegig klingt die Vorstellung gar nicht, schließlich müsste eine Seilbahntrasse kaum länger sein als die Luftlinie. Und um genau diese Gegebenheiten ausgiebig zu prüfen, ist Drees & Sommer gemeinsam mit dem Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart GmbH (VWI) vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) damit beauftragt worden, einen Leitfaden für urbane Seilbahnen zu entwickeln. Ziel ist eine Übersicht zur „Realisierung von Seilbahnen als Bestandteil des ÖPNV“, die in zwei Jahren vorliegen soll. Ursprung des Vorhabens war eine Gesetzesänderung Anfang 2020, als Seilbahnen zum förderungsfähigen Teil des ÖPNV erklärt wurden.

Schnelle und günstige Realisierung von Bauvorhaben

Keine Frage, aufgrund der immensen Höhenunterschiede eignet sich die Seilbahn als Transportmittel gerade in gebirgigen Lagen besonders gut. Doch das ist kein Pflichtkriterium: Ein Seilbahnsystem erfordert für den Bau nicht nur wenig Bodenfläche, was gerade in dichtbesiedelten Städten großem Vorteil und im Vergleich zu U- oder S-Bahnen auch verhältnismäßig günstig und baulich schnell realisierbar wäre. Seilbahnanlagen können – je nach gewählter Bauweise – in einem kurzen Realisierungszeitraum von circa sechs bis zwölf Monaten und zugleich geringem infrastrukturellen Aufwand errichtet werden können.

Der große Vorteil für Umwelt und Städte: Nachhaltigkeit

Den größten Pluspunkt jedoch haben Seilbahnen zweifellos hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit: Staus, Luftverschmutzung und Verkehrslärm zwingen Städte zur Reduktion bestehender Belastungen. Die Gondeln nutzen den Luftraum weitestgehend unabhängig vom übrigen Verkehr, sind technisch ausgereift und erzeugen vor Ort kaum Emissionen. Vor allem aber sind sie leise, sicher und leistungsfähig. Zwar lassen sich die ökologischen Eigenschaften von Seilbahnen nur schwer pauschalisieren, da sie stets im Kontext der lokalen Gegebenheiten und Anforderungen untersucht werden müssen, nichtsdestotrotz ist bereits wissenschaftlich belegt worden, dass Seilbahnen selbst bei einer hohen Förderleistung einen verhältnismäßig sehr geringen Energiebedarf aufweisen.

Weder Lärmbelästigung noch Wartezeiten

Ein weiterer Umweltaspekt, dem Bürger eine immer größere Bedeutung zuschreiben, sind Lärmemissionen. Auch hier befindet sich die Seilbahn klar im Vorteil: Da die einzelnen Gondeln keinen eigenen Antrieb haben, sondern durch einen zentralen in der Station untergebrachten Motor bewegt werden, verkehren die Kabinen nahezu geräuschlos auf ihrer Trasse. Seilbahnen verursachen also selbst im Hochbetrieb kaum externe Effekte für ihre Umwelt. Ein ganz besonderer Anreiz für Fahrgäste könnte außerdem das „Paternoster-Prinzip“ sein. Das bedeutet: Alle 30 Sekunden käme pünktlich eine neue Kabine, Wartezeiten wären somit passé.

Rückhalt der Bürger spielt große Rolle

Sogar die Argumente der Kritiker, die sich auf Datenschutz und Privatsphäre berufen, weil Gondeln über private Grundstücke hinweg schweben könnten, ließen sich dank moderner Technik regelrecht in Luft auflösen. Denn das sogenannte „Privacy Glass“ könnte die Scheiben während der Fahrt zeitweilig verdunkeln, um die Einsicht auf Privatgrundstücke zu schützen.

Vor allem der Rückhalt der Bürger scheint in Sachen Seilbahnen das entscheidende Erfolgskriterium schlechthin zu sein. Denn obwohl im Vorfeld häufig und heftig umstritten, wollen die Menschen dort, wo sie umgesetzt ist, ihre Seilbahn nicht mehr missen. Ein transparenter Prozess ist demnach das A und O. Das kann nur gelingen, wenn die Bevölkerung in dieser Thematik von Beginn an „mitgenommen“ wird. Sprich, nur wer den Dialog sucht und offensiv kommuniziert, kann auch die Bedenken der Menschen berücksichtigen und ausräumen.

Autor: Sebastian Beck

Sebastian Beck hat Infrastrukturmanagement an der Hochschule für Technik in Stuttgart studiert. Anfang 2010 startete er bei den Experten für Infrastruktur von Drees & Sommer mit den Schwerpunkten Erschließungs-, Schieneninfrastruktur-, Energie- und Seilbahnprojekten. Seit Oktober 2016 ist Beck als Bereichsverantwortlicher Infrastruktur für den Standort Baden-Württemberg verantwortlich. Darüber hinaus gibt er sein Wissen im Bereich Bau- und Immobilienmanagement als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Technik in Stuttgart im Studiengang Infrastrukturmanagement weiter.

 

Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.

Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.

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