Drees & Sommer Immobilienkolumne – Smarter leben und arbeiten in Bestandsimmobilien

Ob Büros oder Hotels, Retail-Flächen oder Wohngebäude: Smart Buildings gehört die Zukunft, denn sie steigern den Komfort für die Nutzer und die Rendite für Investoren, Eigentümer und Betreiber. Die entsprechenden Technologien lassen sich nicht nur in Neubauten verwirklichen – gerade die Nachrüstung von Bestandsgebäuden spielt eine zunehmend wichtige Rolle.

Ob The Ship in Köln, cube berlin, Hammerbrooklyn Hamburg oder das Quartier Heidestrasse in Berlin: Innovative Gebäude und Quartiere in ganz Deutschland setzen auf die Möglichkeiten der Digitalisierung. In Zukunft müssen auch immer mehr Bestandsimmobilien intelligent werden – um damit ebenso wirtschaftliche wie nachhaltige Potentiale für Nutzer, Bestandshalter, Investoren und nicht zuletzt für die Umwelt zu erschließen.

Smarte Technologien sorgen für effizientere Prozesse und ermöglichen einen optimierten Betrieb. Sie steigern damit direkt die Profitabilität der Immobilie. Da sie transparent Daten zur Verfügung stellen, die für die steigenden Reporting-Anforderungen benötigt werden, sind die Gebäude auch indirekt profitabler. Gleichzeitig bilden die die Grundlage für neue datenbasierte Dienstleistungen unter Nutzung von digitalen Plattformen, um die Digitalisierungs- Ansprüche der Nutzer zu erfüllen, die zunehmend Digital Natives sind. Auf der anderen Seite sind die Anforderungen an der DSGVO-Konformität zu erfüllen und Cyber-Security-Strategien zu entwickeln, die langfristig einen sicheren Betrieb garantieren und damit stabile Renditen sichern. Nach und nach werden sich die Smart Buildings sogar zu Cognitive Buildings weiterentwickeln, die – ausgestattet mit Künstlicher Intelligenz – basierend auf Erfahrungen und Datenanalysen aus dem eigenen Betrieb lernen und das Gebäude vorrausschauend sogar automatisiert bedienen.

Wer künftig erfolgreich sein will, muss in Systemen denken – das gilt insbesondere für Bestandsgebäude. Die Kosten für das Assetmanagement, Property-Management, Facility Management oder das Corporate Real Estate Management können signifikant reduziert werden, wenn die richtigen Daten jederzeit zur Verfügung stehen. Zur Erreichung der ESG-Kriterien können intelligente Bestandsgebäude in Bezug auf die Reduzierung der Energiekosten u.a. einen wichtigen Beitrag leisten und das auch im Sinne der Erreichung unserer Klimaschutzziele. Eigentümer und Investoren entwickeln sich zunehmend zu Plattformbetreibern, die Pay per Use-Geschäftsmodelle anbieten. Und indem eine intelligente Gebäudesteuerung automatisch Stoßzeiten und Leerstand im Gebäude erkennt, kann der Energieverbrauch auf ein Minimum reduziert und Kosten eingespart werden. Damit gehen Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand.

Ein effektives Datenmanagement wird der Schlüssel zu einem erfolgreichen Gebäudemanagement werden. Die Digitalisierung dient dabei als Tool um die Daten zu erheben und nutzbar zu machen. Dadurch können die Anforderungen an die Offenlegung und Meldepflichten der Nachhaltigkeitsziele (Green Deal / EU-Taxonomy) oft überhaupt erst erfüllt werden.

Langfristig verändert sich somit auch der Bewertungskatalog für Immobilien. Merkmale wie Lage, Nutzungsart oder Drittverwertbarkeit werden zwar weiterhin eine große Rolle spielen. Die Rendite wird jedoch in Zukunft immer stärker von der digitalen Infrastruktur und Konnektivität über die einzelnen Gebäude hinaus bestimmt werden. Für Investoren, Bestandshalter und Betreiber erschließen sich durch neue, servicebasierte Geschäftsmodelle völlig neue Märkte, die vorher überhaupt nicht im Blickfeld der Immobilienwirtschaft gewesen sind. Diese bieten – gerade mit Blick auf die massiv steigenden Baukosten – langfristig eine attraktive Rendite.

Besonders großes Digitalisierungspotenzial liegt in Bestandsgebäuden.

Egal ob Retailflächen, Büro- und Wohngebäuden, Hotelimmobilien: Konnektivität und Datenanalyse werden zunehmend zum Wettbewerbsfaktor. Zwar haben Immobilienbesitzer, Asset- und Portfoliomanager schon heute Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen, etwa auf Daten zu Gebäuden, ihrer Umgebung, ihrer Nutzung, ihrem Energieverbrauch, Abrechnungsdaten oder zu Mietern und Marktentwicklungen. Allerdings sind sie häufig nur singulär in sogenannten „Datensilos“ verfügbar und lassen sich nicht miteinander verknüpfen. Über eine Immobilienplattform, die diese Daten sinnvoll zusammenführt, ließen sich aber passgenaue Lösungen für das Immobilienportfolio, die einzelnen Gebäude und deren Nutzer ableiten. Beispielsweise könnten Büros Dienstleistungen rund um Mobilität, Bring- und Holservice, Essen, Sport oder Wohnen, anbieten, die in der Gebäude-App abrufbar sind. Solche Services können in Zeiten massiv steigender Erhaltungskosten ergiebige zusätzliche Einnahmequellen für Bestandshalter sein.

Auch Hoteleigentümer und -betreiber profitieren von der Vernetzung: Beispielsweise lässt sich mittels Digitalisierung die Guest Journey verbessern, indem bereits vor Ankunft eines Gastes automatisch eine Zuordnung des Zimmers und der Check-in synchron der Anreisezeit mit dem Versand eines „elektronischen Zimmerschlüssels“ erfolgen. Während des Hotelaufenthaltes ließen sich Präferenzen wie gewünschte Zimmertemperatur oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten ableiten. Beim nächsten Check-in wären dann alle diese Daten vorhanden, das Zimmer hätte beim Betreten die gewünschte Raumtemperatur und der Speiseplan wäre bereits angepasst. Solche Angebote sorgen nicht nur für ein Höchstmaß an Service – sie sorgen auch für einen optimierten Betrieb. Denn eine intelligente Gebäudesteuerung kann aus dem Belegungsplan der Zimmer beispielsweise automatisch ganze Bereiche, die nicht genutzt werden, aus dem Dienstplan der Reinigungskräfte nehmen und den Energieverbrauch auf ein Minimum herunterfahren.

Immobilien mit Köpfchen

Wo andernorts der Mensch mitdenken und Hand anlegen muss, agieren digitalisierte Gebäude im Idealfall absolut selbstständig: Über eine Art zentrales Gehirn lernt es von seinen Nutzern und passt sich deren Bedürfnissen individuell an. Eine Künstliche Intelligenz (KI) verknüpft unter höchsten IT-Sicherheitsstandards alle technischen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, Betriebs- und Nutzerdaten intelligent miteinander und steuert so die Prozesse im Gebäude. Dabei bildet sich das „Gehirn“ ständig weiter. Es lernt aus den Daten des Betriebs, der Nutzer und der Umwelt und formuliert daraus Verbesserungsvorschläge.

Beispielsweise erkennt das intelligente Gebäude einen Reparaturbedarf selbständig, informiert den Service-Mitarbeiter und navigiert ihn mit genau definierten Zugangskontrollen zur entsprechenden Anlage. Werden Flächen beispielsweise nicht genutzt, erkennt das System den Leerstand und schaltet die Anlagen in diesen Bereichen – Heizung, Kühlung, Lüftung oder Licht – gezielt ab. Ein sinnvoll aufgebautes Tracking mittels Sensoren macht darüber hinaus die zurückgelegten Wege von Personen in den Gebäuden transparent. Das hilft, Arbeitsabläufe immer besser zu verstehen, deren Effizienz zu erhöhen und auch die Arbeitswelten an die echten Bedürfnisse der Nutzer anzupassen. Mit Hilfe von Apps können die Mieter ihr optimales Behaglichkeitsempfinden im Gebäude, Zugangskontrollen, Paketstation und vieles mehr selbst steuern.

Der Trend des Teilens

Die Künstliche Intelligenz kann aber noch mehr: Wer mit dem Datenstrom der Smart Buildings Einkünfte generieren will, braucht eine klare Strategie. Alle relevanten Informationen müssen möglichst einfach, am besten per Knopfdruck, zusammengeführt und zielgerichtet ausgewertet werden können. Im Idealfall hilft die Künstliche Intelligenz dabei, die Vielzahl an gesammelten Informationen zu analysieren und daraus neue Leistungsangebote für die Nutzer der Immobilien abzuleiten. Dabei geht es nicht um BigData sondern um ausgewählte Daten hinter denen auch entsprechende KPIs hinterleget sind. Besonders vielversprechend sind sogenannte Space-as-a-Service-Konzepte. Dabei handelt es sich um nichts weniger als um einen Paradigmenwechsel in der Immobilienwirtschaft: Entscheidend ist nicht mehr der Quadratmeter, sondern die aktuelle Flächenverfügbarkeit, die rechtliche Basis ist nicht der Miet- sondern der Servicevertrag. Nach dem Grundsatz der Sharing Economy können beispielsweise Büro- oder Parkflächen, die Mitarbeitende abends nicht mehr nutzen, zusätzlich vermietet werden. Investoren, Bestandshalter und Betreiber entwickeln sich damit zunehmend zu Plattformbetreibern, die Nutzbarkeit auf Abruf – am besten per Smartphone in einer Gebäude-App – möglich machen.

Bestandsgebäude digitalisieren

Von solchen digitalen Technologien profitieren nicht nur Neubauten. Auch ein Großteil der Bestandsbauten lässt sich zu intelligenten Gebäuden entwickeln. Der erste Schritt ist dabei der Einbau eines sogenannten „Datensammlers“ der mit der bestehenden Gebäudetechnik über entsprechende Schnittstellen angebunden wird, was sich oftmals ohne größere bauliche Maßnahmen realisieren lässt. Der „Datensammler“ ist ein Cloudbasiertes System, das mittels Machine Learning und unter Nutzung Künstlicher Intelligenz die Daten aus der Gebäudetechnik ausliest und auch bewertet. Fehler in der Programmierung oder Fehler in der Hydraulik eines Gebäudes werden durch das System erkannt. Das System zeigt die Potentiale zur Energieoptimierung eines Gebäudes auf. Damit werden Potentiale bei Bestandsgebäuden von bis zu 20 % Energieeinsparpotentialen oftmals aufgedeckt. Aber auch die Nachrüstung von Sensoren (IoT-Technologie) ist oft leicht im Bestand umsetzbar. Die benötigten Sensoren können häufig einfach per Klebepad im Raum installiert werden und übertragen ihre Messwerte per Funk an ein Gateway im Gebäude. Das bedeutet eine Erleichterung für das Gebäudemanagement, weil das Gesamtsystem auch aktiv auf Fehler hinweisen kann im Sinne der Erhöhung der Verfügbarkeit der technischen Anlagen wie Kälte, Wärme. Lüftung und Strom.

Die Entwicklung einer passenden Digitalisierungsstrategie beginnt mit der Prüfung der Voraussetzungen (IT-Infrastrukturen, technische Infrastruktur, Vernetzungsfähigkeit, Cyber Security etc.) in Bezug auf die so genannte „Digital Readiness“ (der so genannte Digital Ready Check). Anhand konkreter Kriterien und Bewertungsaspekte gilt es, den Digitalisierungsgrad der Immobilie richtig zu definieren und die gewonnenen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Einen messbaren und reproduzierbaren Mehrwert bietet dafür der gemeinsam zwischen Drees & Sommer und dem Center Smart Commercial Building an der RWTH Aachen „Digital Approved“ Kriterienkatalog. Der entwickelte Kriterienkatalog basiert auf einer reproduzierbaren wissenschaftlichen Vorgehensweise zur Definition von Anforderungen zur Planung von Smarten Gebäudes. Dabei muss nicht jedes Gebäude den gleichen Digitalisierungsgrad haben, sondern es geht vielmehr darum, das Gebäude passgenau auf die Bedürfnisse der Nutzer zuzuschneiden. Hier ist entscheidend, welche Daten und Datenqualität das Gebäude zur Verfügung stellen kann, um die Prozesse und das Nutzererlebnis zu verbessern, den nachhaltigen Betrieb der Immobilie sicherzustellen und neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen.

Über die Autoren:

Klaus Dederichs startete 2015 als Head of ICT bei Drees & Sommer, leitet den Standort Aachen und ist seit 2019 Partner des auf Bau und Immobilien spezialisierten Planungs- und Beratungsunternehmens. Dort verantwortet er insbesondere die Themen ICT, Digitalisierung, Business Transformation, IoT, Big Data, Industrie 4.0 und Data Center, Vorbereitungsphase und Planungsphase. Er studierte Physikalische Technik an der FH Aachen und arbeitete mehrere Jahre lang in verschiedenen Ingenieurbüros. Klaus Dederichs entwickelte mit dem Center Smart Commercial Building an der RWTH Aachen den Kongress Smart Building Solutions, den er bis heute als Kongressleiter organisiert und moderiert. Zudem hat er im Jahr 2019 den Chair des ULI Product Councils Future Cities – Smart Cities übernommen.

Stefanie Lütteke ist seit 2008 bei Drees & Sommer und verantwortet vom Düsseldorfer Standort aus die Kundengruppe der Property Companies. Als Architektin, Master of Construction and Real Estate Management und zertifizierte Project Management Professional ist sie Ansprechpartner für alle Fragen um das Potential von Immobilien auszuschöpfen. Eines ihrer wesentlichen Themen ist die Transformation des Bestandes in zukunftsfähige Assets. Im Fokus steht dabei die Verbindung der Wirtschaftlichkeit mit den Anforderungen an Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

 

Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.

Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.

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