Drees & Sommer Immobilienkolumne – Wandel für die Hospitality-Branche?
Grenzschließungen, nahezu stillgelegte Flughäfen, millionenschwere Kredite für große Tourismusunternehmen – die Corona-Pandemie hat die Reise- und Hospitality-Branche hart getroffen. Im vergangenen Sommer lichtete sich die Lage etwas und kürzlich hoben die ersten Flieger wieder in Richtung Mallorca ab. Der Inlandstourismus ruht momentan zwar weiterhin, im vergangenen Jahr waren aber insbesondere die Urlaubsregionen beliebt, die per Auto oder Zug erreichbar sind. Dadurch entstand vielerorts ein Stadt-Resort-Gefälle: Anlagen in der Nähe von Bergen oder Seen verzeichneten im Sommer und Herbst viele Besucher, die Stadthotellerie hingegen hatte durch den Wegfall von Geschäftsreisen, Konferenzen und Veranstaltungen zu kämpfen.
Alternativen entwickeln
Deshalb gilt es gerade für ganz zeitgemäße Hotelkonzepte, die vor Covid-19 eine stabile Nachfrage erfuhren und sich so am Markt halten konnten, sich neu aufzustellen: die betriebliche Effizienz erhöhen und alternative Konzepte und Drittverwertbarkeit in den Betracht ziehen. Beispiele dafür sind Sharing-Modelle wie die Integration von Co-Working oder Co-Living-Konzepten, ebenso haben Longstay-Hotels und Serviced Apartments Konjunktur. Zwar verzeichnet auch diese relativ junge Asset-Klasse während der Pandemie einen Rückgang an Gästen, konnte aber im Vergleich stabilere Ergebnisse als klassische Hotels erzielen. Betreiber solcher „Zuhause auf Zeit“-Konzepte profitieren von der längeren Aufenthaltsdauer, dem Wunsch vieler Gäste nach Unabhängigkeit und geringeren operativen Betriebskosten. Die Ausstattung mit einer Kochmöglichkeit und das Selbstversorgungskonzept erweisen sich zu Lockdown-Zeiten als besonders praktisch. Viele Anbieter setzen bei ihren Neuentwicklungen auf Geschäftsreisende als Zielgruppe und das nicht nur an A-Destinationen und an Premiumstandorten. Davon abgesehen eignen sich diese hybriden Wohnkonzepte ebenfalls für Studentisches Wohnen oder Senioren-Wohnmodelle und können so Antworten auf gesellschaftliche Megatrends wie die Urbanisierung oder den demographischen Wandel geben.
Ökonomie und Ökologie vereinen – die Digitalisierung macht’s möglich
Zu Trends – beziehungsweise zu einer lebenswerten Zukunft – zählen auch die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, sowohl alleinstehend als auch im Verbund. Denn durch den gezielten Einsatz von digitalen Helfern können sich für Hotels ökologische und ökonomische Effizienzsteigerungen ergeben. Aktuell liegt der Schwerpunkt hier noch primär auf vertrieblichen Aspekten. So haben inzwischen smarte Vernetzungen während der Guest-Journey, etwa der digitale Check-In sowie Zimmerzutrittsmöglichkeiten, Menükarten per QR-Code, das Buchen von Hotelserviceleistungen per App oder intelligente Marketing- und Kommunikationskampagnen zur Loyalitätssteigerung, zunehmend mehr Einzug erhalten. Doch auch während des Aufenthalts ließen sich weitere wertvolle Informationen sammeln und nutzen, um diese mit den Dienstleistungen des Hotels und mit dem Hotelgebäude bzw. Zimmer zu synchronisieren.
Die digitalen Tools verbessern so einerseits die Guest Journey und tragen andererseits zu optimierten internen Prozessen bei, zum Beispiel durch ein digitales Client Management-System. Am weitreichendsten sind die Veränderungen durch Digitalisierung jedoch für Investoren, Eigentümer und Betreiber von Hotels. So kann eine intelligente Steuerung bei geringer Belegung die haustechnischen Anlagen und das Dienstplansystem synchron anpassen. Das spart nicht nur manuelle Prozesse durch die Mitarbeitenden, sondern auch reichlich Energie im ökologischen Sinne.
Nachhaltige Ferien für die Gesundheit
Durch das gestiegene Nachhaltigkeits- und Gesundheitsbewusstsein unserer Gesellschaft verändern sich die Anforderungen von Reisenden an ihre Unterkunft. Dies war schon vor Corona abzusehen und wird sich nun weiter verstärken. Nachhaltig konzipierte Hotels – von CO2-Neutralität über Bio-Verpflegung bis hin zu einer kreislauffähigen Bauweise mittels Cradle to Cradle – mögen im ersten Schritt zwar geringfügig teuer sein, werden sich aber langfristig Immobilien- und Betreiberseitig rentieren sowie Mehrwerte und Wettbewerbsvorteile schaffen, wenn der Tourismus wieder anzieht. Auch die Nachfrage nach Gesundheits- und Wellness-Destinationen, wie dem Chenot Palace im schweizerischen Weggis oder dem Lanserhof auf Sylt wächst stetig.
Smart, ökologisch und verantwortungsvoll zu agieren – das ist nicht erst seit Corona oberstes Gebot für die Stakeholder der Branche. Wer aber seine Chancen in einem derzeit sehr volatilen Marktumfeld nutzen will, muss sich künftig noch stärker mit den Rahmenbedingungen seines Investments beschäftigen, seine Konzepte und Produkte schärfen und konsequent den neuen Anforderungen der Zielgruppen anpassen.
Der Beitrag entstand in Anlehnung an einen Hotelbau-Fachartikel in Zusammenarbeit mit Gisela Loidolt, Hospitality Consulting Managerin Europe und Christina Patt, Senior Projektleiterin bei der Drees & Sommer Gruppe.
Autor: Gesa Rohwedder
Gesa Rohwedder ist seit 2014 als Head of Hospitality Europe bei Drees & Sommer tätig. Dort begleitet sie Hotelbetreiber, Investoren und Entwickler bei Projekten bei der Entwicklung von Hotels und Hotelkonzepten, Hotelrenovierungen, Neubauten und Sanierungsprojekten. In ihrer über 20-jährigen Hoteltätigkeit sammelte sie Erfahrungen in diversen Management-Funktionen einer großen internationalen Hotelkette.
Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.
Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.
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