Immobilien: So geht Erben richtig!

Durch den Immo-Boom sind sogar kleine Häuser Millionen wert. Wie Eigentümer ihren Besitz günstig und ohne Streitereien weitergeben können. Von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Eigentlich sind es Luxusprobleme“, sagt Agnes Fischl mit einem Augenzwinkern. Die Partnerin bei der Münchner Anwalts- und Steuerkanzlei Convocat beschäftigt sich täglich mit Menschen, die Immobilien mitunter im Millionenwert erben, aber sich fragen, wie sie die fälligen Steuern zahlen sollen.

Vergangenes Jahr hat der Bund 7,1 Milliarden Euro an Erbschaft- und Schenkungsteuer eingenommen. Ein Gutteil dieser Summe dürfte von Immobilien kommen, die ihren Besitzer wechseln. Diese Einnahmen dürften eher steigen als sinken. Denn die Preise für Wohnraum in den 76 deutschen Großstädten sind seit 2012 im Schnitt um 41 Prozent gestiegen. Da kann eine Wohnung, die vor fünf Jahren noch 400.000 Euro wert war, nun auf 560.000 Euro gestiegen sein. Sollte diese dann vom Vater an den Sohn vererbt werden, muss der Sohn abzüglich seines Freibetrags auf 160 000 Euro elf Prozent Steuern zahlen, also 17.600 Euro (siehe pdf-Tabellen unten).

Kann er nicht sofort zahlen, muss er die Wohnung verkaufen. „Einige Mietshäuser, die in München und anderen Städten auf den Markt kommen, stammen von Erben, die die Steuer nicht zahlen konnten“, weiß Agnes Fischl. Doch die gestiegenen Preise sind nicht der einzige Grund, bei Immobilien in Sachen Schenkung- und Erbschaftsteuer genauer hinzuschauen.

Eines vorab: Die Höhe dieser Steuern berechnet sich nach dem aktuellen Verkehrswert des Anwesens. „Der lässt einen gewissen Spielraum zu, vor allem wenn man ein eigenes Wertgutachten vorlegt, das den aktuellen Zustand des Gebäudes niedriger bewertet“, erklärt Nikolaus Kuner, dessen Gesellschaft RC Real Consult ­Eigentümer auch beim Vererben ihrer Anwesen berät.

Was tun mit dem Haus der Kindheit?

Der emotionalste Fall, wenn es ums Weitergeben von Immobilien geht, ist das Familienheim. Hier treffen Emotionen auf handfeste wirtschaftliche Interessen. Nur wenn der Erbe, ganz gleich, ob es die Kinder sind oder der Ehepartner ist, die Immobilie weiterhin für mindestens zehn Jahre bewohnt, wird keine Steuer fällig, egal wie viel das Anwesen wert ist. Wird das Fami­lienheim vom Kind als dem Erben übernommen, ist nur ein Anteil von 200 Quadratmeter Wohnfläche steuerfrei.

Was darüber hinausgeht, unterliegt der Erbschaftsteuer. Wird es dagegen nicht vom Beschenkten oder Erben bewohnt, greift das Finanzamt zu, sofern der Wert der Immobilie oder bei Erbengemeinschaften der Wert des Teils über den jeweiligen Freibetrag hinausgeht. „In diesem Fall kann es sich lohnen, vor der Übertragung noch Schulden zu machen, etwa indem man das Haus modernisiert“, erklärt Anwältin Fischl. Soweit das Familienheim unter Ehegatten zu Lebzeiten geschenkt wird, gilt die Zehnjahresfrist nicht.

Vermietete Immobilien

Verbindlichkeiten aus einem Umbau oder einer Renovierung sind auch ein probates Mittel, um vermietete Immobilien steuergünstig weiterzugeben. Auch hier mindern die Schulden den Wert des Geschenks oder des Erbteils und drücken ihn womöglich unter den Freibetrag. „Verbindlichkeiten können helfen, besser ist es aber, so früh wie möglich zu schenken“, rät Fachmann Kuner, denn die Schenkungsteuerfreibeträge können alle zehn Jahre wieder neu genutzt werden.

Damit das aber reibungslos funktioniert, lohnt sich eine Familiengesellschaft. „Hierbei wird von den Eltern und den Nachkommen eine Gesellschaft gegründet, deren Vermögen die Immobilie ist. Nun können nach und nach Anteile im Rahmen der Freibeträge weitergegeben werden“, so Fischl.

Das kostet zwar einmal eine hohe, bei Millionenwerten mitunter fünfstellige Summe für den Notar und den Eintrag ins Grundbuch, erspart einem danach aber jegliche weiteren Kosten. Der Nachteil: In einer Familiengesellschaft müssen alle an einem Strang ziehen. Das heißt, keiner kann seine Anteile verkaufen. „Zu einer Familiengesellschaft rate ich grundsätzlich nur, wenn das Eigentum als Ganzes erhalten bleiben soll, andernfalls sind Konflikte programmiert“, sagt die Anwältin.

Sind sich die Nachkommen uneins, was mit der Immobilie geschehen soll, ist es sinnvoll, sie aufzuteilen. Damit jeder Eigentümer mit seinem Anteil machen kann, was er will. Auch hier lohnt es sich, früh anzufangen, wie folgendes Beispiel zeigt: Ein Ehepaar besitzt ein Miets­haus im Wert von sieben Millionen Euro. Das Anwesen soll an die beiden Kinder und vier Enkel verteilt werden. Im ersten Schritt bekommen die Kinder von jedem Elternteil Anteile am Haus im Wert von 400.000 Euro übertragen, die Enkel bekommen jeweils Anteile im Wert von 200.000 Euro. Zehn Jahre später wiederholt das Paar diese Schenkungen. Ihnen selbst bleiben noch Anteile im Wert von 600.000 Euro. Stirbt das Paar zehn Jahre nach der letzten Schenkung, bekommen die Erben auch den Rest steuerfrei.

Ohne die Schenkungen müssten die Kinder und Enkel nach dem Tod des Ehepaars 570.000 Euro an Erbschaftsteuer zahlen. Demgegenüber nehmen sich die Notar- und Grundbuchkosten für die verschiedenen Schenkungen von insgesamt etwa 10.000 Euro vergleichsweise gering aus. Stirbt das Paar weniger als zehn Jahre nach der zweiten Schenkung, müssen die Erben die übrigen 600.000 Euro versteuern.

Schenken, aber trotzdem behalten

Wenn der Schenkende zumindest statistisch noch eine hohe Lebenserwartung hat, lassen sich durch Nießbrauch enorme Summen sparen. Ein Beispiel: Ein 65-Jähriger schenkt seinem Sohn ein vermietetes Haus mit einem Verkehrswert von zwei Millionen Euro und vereinbart mit ihm, dass er die jährlichen Mieteinnahmen von 80.000 Euro im Sinne eines Nießbrauchs bis zum Tod ausgezahlt bekommt. Der Wert des Nießbrauchs wird anhand der Lebenserwartung des Vaters berechnet – für einen 65-Jährigen gilt der Faktor 11,354. Das ergibt 908 320 Euro. Diese Summe und der Freibetrag von 400.000 Euro werden von den zwei Millionen abgezogen. Der Filius muss nur noch 19 Prozent Schenkungsteuer auf 691.600 Euro zahlen statt auf 1,6 Millionen.

„Noch vorteilhafter wird es, wenn es sich bei der unter Vorbehaltsnießbrauch zu übertragenden Immobilie um ein bebautes Grundstück handelt, das zu Wohnzwecken vermietet ist“, erklärt Peter Schulz, Steuerberater bei der Kanzlei WTS. Dann wäre das Grundstück nur mit 90 Prozent des Werts, also 1,8 Millionen Euro, bei der Schenkung anzusetzen. Der Kapitalwert des Nießbrauchs ermäßigt sich zwar auch um zehn Prozent auf 817.488 Euro, aber der Sohn muss nur noch auf 582.500 Euro 15 Prozent Schenkungsteuer zahlen. „Der Nießbrauchvorbehalt ist aber nicht das Allheilmittel“, warnt Anwältin ­Fischl. „Der Nießbraucher erhält zwar die Einnahmen, muss aber weiterhin die Kosten der Immobilie übernehmen.“

Wenn es um ganz große Vermögen geht, gibt es eine weitere Möglichkeit der Abgabenminimierung. Wer mehr als 350 Wohnungen sein Eigen nennt, kann ein Wohnungsunternehmen gründen. Die Immobilien gehören dann zum Betriebsvermögen und können fast steuerfrei weitergegeben werden.

Steuern – je grösser der Wert, desto höher (pdf)
Freibeträge – je näher verwandt, desto höher (pdf)

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