Immobilien verkaufen: Wie das Heim zu Geld wird
Viele Rentner sind reich – doch nur auf dem Papier. Denn ihr Eigenheim ist sehr viel wert, aber ihre Bezüge sind niedrig. Alternativen zum Auszug.
Wer eine Immobilie besitzt, konnte in den vergangenen Jahren sehr reich werden. Vorausgesetzt das Anwesen liegt in der richtigen Region. Doch es gibt viele Menschen, die „steinreich“ sind, aber im Alltag jeden Cent dreimal umdrehen müssen.
Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2010 – neuere Daten gibt es nicht – steht in jedem vierten Haushalt von Personen zwischen 55 und 69 Jahren, die über selbst genutzte Immobilien im Wert von mindestens 100.000 Euro verfügen, pro Kopf nur ein monatliches Einkommen von 1.150 Euro zur Verfügung. Die Armutsgrenze liegt nur etwa 150 Euro darunter. Die Zahl der vergleichsweise armen Immobilienbesitzer dürfte seit 2010 eher gewachsen als geschrumpft sein: Der Marktwert vieler Wohnungen ist stellenweise über 50 Prozent gestiegen, doch die Renten haben diese Entwicklung nicht einmal ansatzweise mitgemacht. Das stellt viele vor die Fragen: Wie kann ich mein Vermögen flüssig machen? Wo wohne ich aber danach? Denn auf die alten Tage noch einmal umzuziehen, ist für viele undenkbar.
Das Münchner Rentnerpaar Horst und Hannelore Müller hat vergangenes Jahr seine Wohnung verkauft, musste nicht ausziehen und hat obendrein 150.000 Euro bekommen. Die Müllers haben keine Erben, ihre Rente ist ordentlich, aber da die beiden sich auch mal etwas gönnen wollen, haben sie ihre Wohnung mithilfe des Unternehmens „Haus plus Rente“ mit einem Nießbrauchvorbehalt verkauft.
150.000 Euro erscheinen recht wenig für eine 86 Quadratmeter große Wohnung in der teuersten Stadt Deutschlands. Doch die Wohnung ist mit einem Erbbaurecht belegt und zudem mindert der Nießbrauch den Verkaufserlös. Um den Wert des Nießbrauchs zu ermitteln, rechnete man bei den Müllers wie folgt: Das Paar ist 73 und 77 Jahre alt. Verkaufen Paare gegen Nießbrauch, wird die Miete der Wohnung mit der Lebenserwartung des jüngeren Partners multipliziert. Für die 73-jährige Hannelore Müller wurden 21 Jahre Lebenserwartung angenommen. Das ist nicht die statistische Lebenserwartung – die beträgt etwa elf Jahre -, sondern die nach den Berechnungen des Deutschen Aktuarvereins. Die Versicherungsmathematiker kalkulieren mit einem großen Puffer, schließlich will sich die Assekuranz gegen das Langlebigkeitsrisiko ihrer Kunden absichern. Beim Nießbrauch ist das nicht anders. Der Käufer sichert sich ab, falls die Nießbrauchberechtigten ein biblisches Alter erreichen. Unterm Strich kam bei den Müllers ein Nießbrauchwert von 130.000 Euro heraus, der von den 280.000 Euro Marktwert der Wohnung abgezogen wurde.
100.000 Euro haben die Müllers in eine Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag gesteckt. Diese Police bringt ihnen monatlich (je nachdem, wie erfolgreich die Versicherung das Geld anlegt) zwischen 400 und 500 Euro. Mit den übrigen 50.000 Euro wollen die Müllers unter anderem das Bad renovieren. Das Nießbrauchrecht erlaubt ihnen nicht nur zu renovieren, sondern auch die Wohnung zu vermieten, sollten sie einmal in ein Altersheim ziehen.
Ballungsräume bevorzugt
Bislang gibt es Nießbrauchmodelle, wie sie „Haus plus Rente“ anbietet, nur in Regionen, in denen Wohnraum auf absehbare Zeit eher an Wert gewinnt. Denn nur dort finden sich Anleger, die eine Wohnung zwar unter Marktwert kaufen, aber auch bereit sind, unter Umständen Jahrzehnte darauf zu warten, bis sie sie nutzen können.
Das gilt auch bei der Leibrente. Sie ist eine abgespeckte Version des Nießbrauchs. Auch hier trennt sich der Eigentümer von seiner Immobilie, vereinbart ein Wohnrecht und bekommt die Differenz aus dem Wert des Wohnrechts und dem Wert der Immobilie vom neuen Eigentümer in Raten ausgezahlt. Doch Vorsicht: Eine Leibrente ist nur empfehlenswert, wenn im notariellen Vertrag eine sogenannte Rückfallklausel aufgenommen wird. Sie sorgt dafür, dass das Eigentum wieder an den Verkäufer zurückfällt, wenn der Käufer zwischenzeitlich die Leibrente nicht mehr zahlen kann. Zudem ist es sinnvoll, das Wohnrecht als sogenannte Grundschuld ins Grundbuch einzutragen. Damit kann dem Rentner nicht gekündigt werden, wenn das Anwesen zwischenzeitlich wieder verkauft wird, etwa weil der erste Käufer pleite ist.
Solche Modelle bieten auch Makler wie die Stiftung Liebenau an. Grundsätzlich ergibt sich auch bei ihr die Höhe der Immobilienrente aus dem Wert der Immobilie, dem Alter des Stifters und einem Risikoabschlag. Zudem werden der Wert des lebenslangen Wohnrechts sowie laufende Kosten abgezogen, bevor aus dem verbleibenden Wert der Immobilie die Höhe der Rente errechnet wird. So erhält eine 75-jährige Frau, die ein Haus im Wert von 400.000 Euro besitzt, eine monatliche Rente von etwa 800 Euro. Bei Verzicht auf das Wohnrecht oder bei Tod wird ein eventuell noch vorhandener Restwert ausgezahlt.
Alternative Auszug
„Wer merkt, dass die Rente nicht zum Leben reicht, oder wer einfach größere Sprünge machen will, sollte sein Eigentum verkaufen und sich verkleinern“, sagt Merten Larisch, Leiter des Teams Altersvorsorge der Verbraucherzentrale Bayern. Er rät Rentnern, so emotionslos wie möglich zu kalkulieren. Im besten Fall reiche das Geld nach einem Verkauf aus, um eine kleinere – idealerweise barrierearme – Wohnung zu kaufen, und es bleibt noch Geld übrig für den Konsum. Wer sich vom Erlös kein Eigentum leisten kann, sollte mieten. „Das ist mitunter günstiger, als man denkt“, sagt Larisch, „und erspart einem Kosten für Reparaturen ebenso wie die Frage, wer die Immobilie erben soll.“
Wer dennoch – etwa auf Nießbrauch – verkaufe, sollte das Geld auf eigene Faust anlegen. „Eine Rentenversicherung kostet zu viel und lohnt sich nur, wenn man sehr alt wird.“ Daher rät Larisch, das Geld folgendermaßen aufzuteilen: Ein Teil wird zur Liquiditätsreserve, mit der Reparaturen gezahlt werden. Eine weitere Tranche fließt in einen Entsparplan. Der dritte Teil könne, so Larisch, auch breit gestreut am Kapitalmarkt angelegt werden. „Dieses Geld wird zuletzt verzehrt oder vererbt, daher kann es auch etwas riskanter angelegt werden.“
Fast vom Markt verschwunden ist die Umkehrhypothek. Hierbei wird die Immobilie nicht verkauft, sondern beliehen. Es gilt: je höher der Wert des Objekts und je älter der Besitzer, desto höher die maximale Kreditsumme. So erhält ein 65-Jähriger maximal ein Darlehen für 15 bis 20 Prozent des Immobilienwerts, für einen 80-Jährigen liegt die Quote bei 30 bis 35 Prozent. Derzeit werden solche Hypotheken lediglich über einige wenige regionale Makler angeboten.
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