Meine Wohnung, unser Haus: Was Immo-Besitzer wissen müssen

Wer einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern angehört, muss sich mit den anderen Eignern arrangieren. €uro am Sonntag informiert über Rechte und Pflichten.

Fragt man die Deutschen, wie sie am liebsten ihr Geld investieren würden, rangiert die Immobilie bei den Antworten ganz oben. Aus Preisgründen bleibt das freistehende Einfamilienhaus jedoch für viele ein Wunschtraum, in der Regel reicht es nur für eine Wohnung. Doch muss solch einem Käufer klar sein: Mit der Unterschrift unter den Notarvertrag wird er oftmals nicht nur Eigentümer einer ­Immobilie, sondern auch Mitglied einer sogenannten Wohnungseigentümer­gemeinschaft (WEG).

Ein Schicksal, das viele teilen: Mehr als 1,8 Millionen Eigentümergemeinschaften mit über neun Millionen Eigentumswohnungen soll es in Deutschland geben (WEGs für Doppelhaushälften und Reihenhäuser sind die Ausnahme). Manchmal besteht eine solche WEG nur aus vier Eigentümern, mitunter gehören aber einige Hundert Eigner dazu. Bei den Gemeinschaften handle es sich nach dem Eigenbesitz von Wohnhäusern um die zweitwichtigste Eigentumsform, schreibt der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV). Das entsprechende Immobilienvermögen beläuft sich konservativen Schätzungen zufolge auf etwa 630 Milliarden Euro.

Die Instandhaltung und das Verwalten einer Immobilie machen Arbeit und kosten Geld – egal, ob man die Immobilie selbst bewohnt oder vermietet. Die Mitgliedschaft in einer Eigentümergemeinschaft hält allerdings besondere Herausforderungen bereit. Der Eigner muss sich nämlich mit den anderen Miteigentümern arrangieren.

„Wenn der Besitzer eines Einfamilienhauses neue Fenster einbauen lässt, kann er eigenständig über deren Farbe oder das Material entscheiden“, erklärt Julia Wagner, Rechtsreferentin des Verbands Haus & Grund Deutschland. Anders laufen solche Entscheidungen in einer WEG ab. Deren Mitglieder müssen sich über die Gestaltung, Sanierung oder Erneuerung des gemeinschaftlichen Eigentums einigen. Mindestens einmal im Jahr treffen sie sich und entscheiden zum Beispiel über die laufende Verwaltung, die Jahresabrechnung und anstehende Sanierungen. Das erfordert ein gewisses Engagement. „Die Eigentümer müssen aktiv sein, sich vor Abstimmungen selbst informieren und bestimmte Aufgaben annehmen“, meint Gabriele Heinrich, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Verbrauchervereins Wohnen im Eigentum.

Gemeinschaft mit Regeln

Das Engagement beginnt bereits beim Kauf: Wer eine Wohnung in einer WEG erwerben möchte, sollte zuvor die Teilungserklärung unter die Lupe nehmen. Sie ist quasi das Grundgesetz der Gemeinschaft. Dort ist festgelegt, wie sich die Wohnanlage aufteilt. Die Abgrenzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum gestaltet sich manchmal schwierig, ist aber enorm wichtig. Schließlich geht es um die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung, was Kosten verursacht. Vereinfacht kann man sagen: Die Wohnung gehört dem Eigentümer, also beispielsweise auch die Badewanne, die Tapeten und nicht tragende Wände. Tragende Wände, Außentüren, Balkone oder Fenster zählen in der Regel zum Gemeinschaftseigentum, außerdem die Treppenhäuser, Aufzüge und Heizungsanlagen.

Steht eine bauliche Veränderung in einer WEG an, sollten diejenigen zustimmen, die dadurch einen Nachteil ­erleiden. Wird etwas an der Fassade verändert, müssen oft sogar alle Eigentümer zustimmen. Insbesondere eine kleine WEG mit wenigen Wohneinheiten ist darauf angewiesen, dass alle Eigentümer mitziehen. „Dort kann ein einzelnes Mitglied viel blockieren“, sagt Wagner. Die Gemeinschaft muss also halbwegs harmonieren.

Wer sich für eine Immobilie in einer WEG interessiert, kann vor dem Kauf das Haus besuchen und Kontakt mit ­anderen Eigentümern aufnehmen. „So kriegt der Käufer ein Gefühl dafür, ob er überhaupt in die Gemeinschaft passt“, sagt Wagner. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät, vor Vertragsabschluss zudem die letzten Jahresprotokolle der Versammlungen anzuschauen. Merkt man beim Lesen, dass die Eigner völlig zerstritten sind, ist Vorsicht geboten. Ein Blick in die Beschlusssammlung lohnt sich ebenfalls. Dort sieht der Erwerber, ob Sanierungsmaßnahmen anstehen. Immerhin ist es möglich, dass weder Verkäufer noch Makler ihn darauf hingewiesen haben.

Fähigen Verwalter suchen

Manche Streitigkeiten zwischen Eigentümern enden im Gerichtssaal. Trotz der vielen Prozesse darf man nicht vergessen, dass die meisten WEGs ohne juristische Auseinandersetzungen handlungsfähig sind. „Viele Gemeinschaften funktionieren gut und bewältigen sogar größere Sanierungsprojekte erfolgreich“, sagt Christoph Zander, der beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung arbeitet und zum Thema forscht. Dafür sei aber in der Regel ein Zusammenspiel von engagierten Eigentümern oder Beiräten und aktiven, professionellen Verwaltern notwendig, betont er.

Ein fähiger Verwalter ist für eine WEG sehr wichtig. Leider arbeiten nicht alle einwandfrei. Der DDIV hat hochgerechnet, dass Eigentümer jedes Jahr etwa 80 Millionen Euro zusätzlich aufbringen müssen, um fehlende Sachkunde und Missmanagement auszugleichen. Insbesondere kleine Gemeinschaften haben oft Schwierigkeiten, qualifizierte Verwalter zu finden. In die Lücke springen häufig Anbieter, die das Ganze nur nebenberuflich betreiben. In solchen Fällen müssen Eigentümer mitunter besonders viel Engagement zeigen und die Verwaltung selbst übernehmen.

Die Abgrenzung des Eigentums (pdf)

Vorschriften:

Einmal im Jahr
Die Eigner einer WEG treffen sich mindestens einmal im Jahr. Der WEG-Verwalter kümmert sich um diese wichtige Versammlung. Die Einladung mit den Tagesordnungspunkten muss schriftlich erfolgen, kann aber per Fax oder E-Mail verschickt werden. Spätestens zwei Wochen vor dem eigentlichen Termin sollte sie die Mitglieder erreichen. Gemeinsam entscheiden die Eigentümer über die laufende Verwaltung, Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan. Auch anstehende Sanierungen werden besprochen.

Gemeinsam viel Geld
Rücklagen für anstehende Sanierungen oder Hausgeld – Eigentümergemeinschaften häufen viel Vermögen an. Die Gemeinschaft benötigt Konten, über die der Verwalter verfügungsberechtigt ist. Das müssen Konten auf den Namen der WEG sein. Diese Konten werden auch offene Fremdgeldkonten genannt. Vorteil: Sie sind im Hinblick auf Verbindlichkeiten des WEG-Verwalters pfändungssicher und insolvenzfest. Die Gemeinschaft kann ­darauf zugreifen und erhält Auskünfte darüber. Wechselt der Verwalter, ist nur eine Änderung der Kontovollmacht und der Verwalteradresse notwendig.

Viele Gerichtsverfahren
Schwierig wird es, wenn sich die verschiedenen Eigentümer einer WEG überhaupt nicht einigen können. „Es existieren keine Schiedsstellen, die sich diesen Themen annehmen können“, kritisiert Gabriele Heinrich vom Verbraucherverein Wohnen im Eigentum. Nicht selten landen Streitigkeiten deswegen vor Gericht. Der Gesetzgeber führte 2007 die Zivilprozessordnung für WEG-Verfahren ein. Er wollte die Gerichtsverfahren verteuern und erschweren, um so die Zahl der Prozesse zu reduzieren. Das gelang jedoch nicht: Gab es 2004 noch etwas mehr als 20.000 WEG-­Verfahren vor Gericht, waren es nach jüngsten Zahlen mehr als 28.000.

Qualifizierung für Verwalter
Seit Jahren fordert die Immobilienbranche, dass neue Wohnimmobilienverwalter ohne entsprechende Ausbildung eine Prüfung ablegen sollen. Die Große Koalition einigte sich auf eine sogenannte Erlaubnispflicht: Wer den Beruf ausüben will, soll Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse und eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. Außerdem müssen sich die Verwalter regelmäßig fortbilden, und zwar mindestens 20 Stunden innerhalb von drei Jahren. Wer das nicht mache, so heißt es, müsse mit ­einem Bußgeld rechnen.

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