Immobilienkredite sind für Ältere immer schwerer zu bekommen

Wer Mitte 50 bereits überschritten hat und mit dem Gedanken spielt, sich ein Eigenheim zu finanzieren, könnte wahrscheinlich eine herbe Enttäuschung erfahren. Denn Immobilienkredite werden immer seltener sogenannten Best-Agern gewährt. Der Grund? Eine EU-Richtlinie.

Wer zurzeit einen Immobilienkredit aufnehmen möchte, jedoch bereits Mitte 50 oder älter ist, bekommt von den Banken immer öfter eine klare Absage erteilt. Dies betrifft hauptsächlich ältere Arbeitnehmer in ihren Fünfzigern oder aber Rentner und Pensionäre.

Banken reagieren mit „Totalverweigerung“

Die Beschwerden häufen sich. Lothar Binding, der Finanz-Experte der SPD-Bundesfraktion sagte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, es fühlten sich mittlerweile viele diskriminiert und beschwerten sich darüber, „wie Banken teilweise mit Totalverweigerung auf Kreditwünsche speziell älterer Menschen reagieren“. Inzwischen beschäftige das Thema sogar die Bundesministerien für Finanzen und Verbraucherschutz.

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Neue EU-Richtlinie zu scharf übertragen

Stein des Anstoßes ist eine neue EU-Richtlinie über Wohnimmobilien-Kreditverträge. Das Bundesfinanzministerium hat diese jedoch deutlich schärfer als ursprünglich gedacht in nationales Recht übertragen. Dies geschah aus reiner Vorsicht mit Blick auf die Probleme spanischer Immobilienkäufer in der Finanzkrise. Deutsche Rentner sollten nicht – wie spanische Pensionäre – einen Kredit aufnehmen können, den sie später nicht mehr bedienen können. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert aus einem Brief des Finanzministeriums an Abgeordnete: Es habe sich herausgestellt, dass sich Menschen in einigen Ländern „weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus“ verschuldet hätten. Oft gefolgt vom Verlust „ihrer selbstbewohnten Immobilie“. Darüber hinaus stünden hier die Banken in der Verantwortung zu entscheiden, wer kreditwürdig ist und wer nicht.

Warum verweigern die Banken immer mehr älteren Menschen den Immobilienkredit?

Dass Bankhäuser darauf achten, dass der Kunde seinen Kredit auch wieder vollständig zurückzahlen kann und das über die gesamte Laufzeit, versteht sich von selbst. Neu ist nun allerdings, dass die EU-Richtlinie nun in einem Gesetzestext formuliert ist. Dadurch vergrößert sich für Banken das Risiko deutlich, selbst haften zu müssen, wenn der Kunde den Kredit nicht mehr tilgen kann. Als Sicherheitsmaßnahme erhöhen die Banken daher für ihre Kunden die Hürden, an einen Immobilien-Kredit zu kommen. Zusätzlich kommt nun jedoch hinzu: Die zweite Bestimmung der Richtlinie beinhaltet, dass der möglicherweise in Zukunft steigende Wert der Immobilie nicht mehr als Hauptargument in die Gewährung eines Kredits hineinspielen darf. Selbst dann, wenn mit höchster Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Immobilienwert in Zukunft steigen wird, darf sich die Kreditgewährung nicht hauptsächlich auf dieses Argument stützen.

Was bedeutet das für die Verbraucher?

Diese verschärften Bedingungen treffen vor allem jene Verbraucher, die über nur geringe regelmäßige Einnahmen verfügen und das unabhängig davon, ob sie in einer wertvollen Immobilie wohnen. Insbesondere wird sich dies ungünstig auf Rentner auswirken, die ihr eigenes Haus renovieren oder etwa altersgerecht umrüsten wollen. Die ursprüngliche EU-Vorgabe hätte hier allerdings eigentlich Ausnahmen zugelassen: Dient ein Immobilienkredit zum Bau oder zur Renovierung einer Immobilie, darf der Wert des Gebäudes mit in die Berechnung miteinfließen. Während Österreich beispielsweise diesen Passus mit übernahm, strich Deutschland ihn jedoch. Deutsche Banken dürfen den Immobilienwert bei der Kreditvergabe nicht mehr mit einkalkulieren – und verlieren damit die Sicherheit, dass die Immobilie nach dem Zahlungsausfall verkauft und der Kredit mit dem Erlös getilgt werden kann. Die unweigerliche Folge: Im Zweifelsfall lieber keinen Kredit gewähren.

Überflüssige Vorsichtsmaßnahme?

Deutschland wollte Bankkunden davor bewahren, sich mit Immobilienkrediten zu belasten, die sie nicht bedienen können. Dabei läuft Deutschland aktuell nicht wirklich Gefahr, eine Immobilienblase wie etwa in den USA auszubilden. Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern wie Spanien oder Italien, ist die Quote der Immobilienbesitzer in Deutschland deutlich niedriger. Der aktuelle heimische Boom ist vielmehr einer Aufholung der deutschen Verbraucher geschuldet. Der Grund dafür: Unter anderem die Niedrigzinspolitik der EZB. Das Geld auf der Bank wirft keine nennenswerten Zinsen ab, daher neigen die deutschen Bürger mehr zu Investitionen, beispielsweise in Wohneigentum. Auch aus Gründen der Altersvorsorge wird die eigene Wohnimmobilie immer wichtiger – in Zeiten drohender Niedrigrenten eigentlich eine wünschenswerte Entwicklung.
Noch sieht das Bundesverbraucherschutzministerium wohl keinen Anlass, in diese Entwicklung einzugreifen. Ein Sprecher sagte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, die Entwicklung werde aber beobachtet.

 

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