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Wohnen in einer Kugel? In den Niederlanden ist das Realität

Wie Wesen aus dem Weltall, die sich auf die Erde verirrt haben und neugierig ihre Köpfe herumdrehen, sehen sie aus – die „Bolwoningen“ in den Niederlanden.

Überdimensionierte Golfbälle?

In der Ortschaft ‘s-Hertogenbosch – im allgemeinen Sprachgebrauch „Den Bosch“ genannt – steht eine ganze Ansammlung von ihnen, mitten zwischen den typischen, ziegelverkleideten, niederländischen Häusern der 80er-Jahre. Doch was hat es mit diesen außergewöhnlichen Wohnungen auf sich, bei denen es sich von weitem gesehen auch um überdimensionierte Golfbälle handeln könnte?

„Warum sollten wir nicht in einer Kugel leben?“

Die „Bolwoningen“, was übersetzt so viel wie „Kugelwohnungen“ bedeutet, wurden 1984 gebaut. Der Entwurf stammt vom Architekten Dries Kreijkamp (1937 – 2014) und entstand bereits Ende der 1970er Jahre. Schon früh war er gebannt von Kugeln, die für ihn die natürlichste Art des Wohnens darstellten, denn: „Wir leben auf einer Kugel, wir wurden aus einer Kugel heraus geboren, warum also sollten wir nicht in einer Kugel leben?“, zitiert ihn die Website „archdaily.com“.

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Wer in einer Kugel wohne, fühle sich der Natur näher, weil er in alle Richtungen sehen könne, so die Meinung des im Alter von 77 Jahren verstorbenen Architekten. Finanziert wurde der Bau durch eine spezielle niederländische Subvention, die für experimentelle Wohnraumprojekte gezahlt wurde.

Lichtdurchflossener Wohnraum

Entgegen Kreijkamps Vision liegen die „Bolwoningen“ jedoch nicht kugelrund auf dem Boden auf, sondern stehen auf einer zylindrischen Stütze, ein Eingeständnis, das er bei seinem Entwurf machen musste. Die Kugeln bieten einen Durchmesser von 5,5 Metern und eine Wohnfläche von 55 Quadratmetern, die auf mehrere Stockwerke aufgeteilt ist.

Im Erdgeschoss befindet sich das Schlafzimmer, im Zwischengeschoss das Bad und im Obergeschoss dann die großzügige Wohnküche. Zusätzlicher Stauraum ist in der Stütze zu finden. Verbunden sind die verschiedenen Stöcke durch eine Spindeltreppe. Durch sechs runde Fenster, die einen Durchmesser von 1,2 Metern haben, kommt Licht in die Kugeln. Vor allem das Obergeschoss, in dem sich der Wohn- und Küchenbereich befindet, wird von Licht geradezu durchflutet und bietet den Bewohnern – wie vom Architekten gewollt – einen herrlichen Rundumblick.

 

Auch bei der Materialwahl musste der Architekt Zugeständnisse machen. Aus Brandschutzgründen bestehen die Wohnkomplexe aus Zement, der durch einen Faser-Kunststoff-Verbund gestärkt wird, gedämmt sind sie mit Steinwolle. Dadurch wurden sie etwas schwerer, als er angedacht hatte, trotz allem wiegen die Kugelhäuser nur 1.250 Kilogramm.

Architekt von Bauten überzeugt

Die Ansammlung der „Bolwoningen“ mutet beinahe fremdartig an. Doch Kreijkamp war vernarrt in seine Bauten und überzeugt davon, dass sich diese Wohnform durchsetzen würde. 1990 standen die Häuser aufgrund von einigen baulichen Mängeln jedoch kurz vor dem Abriss, nur eine vollständige Renovierung konnte sie retten. Trotzdem gab Kreijkamp bis zu seinem Tod im Jahre 2014 nicht auf, weiter an seinen Gebäuden zu arbeiten.

Die Vorteile dieser Art des Lebens und des Bauens sah er vor allem darin, dass die Kugelform das größtmögliche Volumen mit der kleinstmöglichen Oberfläche verbindet – es wird also wenig Material dafür benötigt. Außerdem bestehen die Häuser aus vorgefertigten Stücken, die in kurzer Zeit aufgebaut sind, wenig Energie verbrauchen und leicht instand zu halten sind. Die Häuser sind seiner Meinung nach also besonders sparsam und wirtschaftlich.

Bildquellen: Aerovista Luchtfotografie / Shutterstock.com, antonnot / Shutterstock.com